Erforscht faires Verhalten: die Mathematikerin Hannelore Brandt.
Foto: U. Wien
Der so genannte Homo Oeconomicus mit seiner Orientierung am (eigenen) maximalen Nutzen ist in der Ökonomie eher ein Auslaufmodell. Homo sapiens maximiert nicht nur, er probiert und verhält sich dabei oft fair. Ansätze aus der Spieltheorie helfen dabei, die Entstehung von sozialem Verhalten zu verstehen. Bereits ein Klassiker ist das Gefangenendilemma: Zwei Knastbrüder müssen zwischen Kooperieren und Verpetzen entscheiden, ohne sich über das Verhalten des jeweils anderen im Klaren zu sein.

Die Mathematikerin Hannelore Brandt hat soziale Dilemmata mit mehr als zwei Beteiligten in Public-Goods-Spielen studiert. Das Prinzip bleibt gleich: "Wenn ich dem anderen nicht helfe, steige ich besser aus. Gemeinsam können wir aber mehr erreichen", beschreibt es die Forscherin am Institut für Kreditwirtschaft der Wirtschaftsuniversität Wien, die Mitte März mit einem "Laudimaxima"-Preis der Universität Wien ausgezeichnet wurde.

An diesen beiden Unis begann sie auch ihre Studien: Sie inskribierte Mathematik an der Uni Wien, sowie Handelswissenschaften an der WU. In der Schule hat der Matheunterricht Hannelore Brandt nicht traumatisiert, sondern interessiert, und auch die naturwissenschaftlichen Fächer haben ihr immer Spaß gemacht. Im Studium widmete die 31-Jährige schließlich den Zahlen ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, weil sie spannend vermittelt wurden.

Am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg rechnete sie für ihre Diplomarbeit in der Biomathematikgruppe mit. Für die Dissertation wechselte sie in das anspruchsvolle FWF-Wissenschaftskolleg "Differential Equations", um zu erforschen, warum sich faires Verhalten wider Erwarten durchsetzt - was auch für den öffentlichen Verkehr oder Versicherungen Relevanz hat. Wobei Sanktionen oder ein guter Ruf in der Gruppe sowie Freiwilligkeit diese Systeme stabilisieren.

"Das würde ich mir auch für Österreich wünschen"

Einen hohen Stellenwert der Forschung und eine gute Verbindung zur nordamerikanischen Gesellschaft hat sie bei Aufenthalten an der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) und am ebenso renommierten Santa Fe Institute in New Mexico (USA) wahrgenommen: "Es gibt mehr Geld, einen regen Austausch zwischen den Disziplinen und weniger Administration", fasst sie ihre Eindrücke zusammen. "Das würde ich mir auch für Österreich wünschen", so Brandt, die seit Oktober 2005 an der WU-Wien arbeitet und neben der Lehre auch die spieltheoretische Forschung im finanzwirtschaftlichen Kontext etablieren möchte.

Neben der finanziellen Anerkennung hat die "Laudimaxima" für die Mathematikerin einen symbolischen Wert: "Man muss Mädchen zeigen, dass sie es genauso schaffen, wenn sie etwas interessiert. An der Uni zählte schon immer meine Leistung, auch wenn ich manchmal die einzige Frau war." Forschen bedeutet für Hannelore Brandt im Idealfall, "mich jeden Tag mit Dingen beschäftigen zu können, die mich interessieren".

Bei den wöchentlichen Chorproben kann sie entspannen. Ebenso am Klavier, beim Lesen und Laufen. Sie genießt das Kulturangebot in der Hauptstadt und fährt wochenends mit ihrem Lebensgefährten häufig nach Linz, um Familie und Freunde zu besuchen. Die nächste gemeinsame Reise geht allerdings bald ins ferne indische Rajasthan. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 06.06.2007)