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Lob für Vietnam und ein paar Scherze vom "máximo líder": Eine Kubanerin verfolgt Fidels TV-Auftritt.

Foto: Reuters/Oza
Caracas/Havanna - Zehn Monate nach seiner Operation hat sich Kubas Revolutionsführer Fidel Castro zurückgemeldet. Am Dienstag strahlte der Staatssender zum ersten Mal wieder ein Interview mit dem greisen Staats- und Regierungschef aus, in dem Castro den jüngsten Besuch eines vietnamesischen Funktionärs analysierte und beteuerte, seine Gesundheit sei kein Staatsgeheimnis. Er fühle sich besser, und er tue, was er zu tun habe. Unter anderem achte er jetzt auf gesunde, ausgewogene Ernährung. Gespannt verfolgten die Kubaner das einstündige Interview. Dass Castro eine halbe Stunde lang über Vietnam redete, das unter Beibehaltung eines sozialistischen Systems seine Wirtschaft dem Privatkapital geöffnet hat, werten Beobachter als Zeichen dafür, dass das asiatische Land in der Zukunft als Modell dienen könne.

Fidel ist zwar inzwischen schlohweiß und deutlich schlanker als vor seiner Darmoperation, wirkte in dem Interview aber agil, konnte sich besser artikulieren als in vorherigen Videos und machte sogar ein paar Scherze. Die Krankheit hat in dem 80-Jährigen jedoch ihre Spuren hinterlassen. Der in einen blau-weiß-roten Trainingsanzug gekleidete Revolutionsführer sprach langsam und musste öfter auf seinen Notizblock schauen. Zuletzt war er am 26. Juli 2006 in der Öffentlichkeit aufgetreten, danach musste er sich wegen einer bis heute nicht genau geklärten Darm-erkrankung einer Notoperation unterziehen, die offenbar schlecht abheilte. Weitere Operationen folgten. Seither leitet sein jüngerer Bruder Raúl die Geschicke des sozialistischen Tropeninsel, auf der der Alltag praktisch normal weiterging bisher.

Die Erkrankung des seit 1959 regierenden Castro hatte allerlei Gerüchte angefacht. Die rechten Exilkubaner in den USA hatten bereits sein unmittelbar bevorstehendes Ableben gefeiert. Monatelang waren nur Bilder und kurze Videos von Castros ausgestrahlt worden, auf denen er schwer krank wirkte. Seit einigen Wochen jedoch mehrten sich die Anzeichen seiner Genesung. So griff er mit mehreren Leitartikeln im Staatsorgan Granma wieder ins politische Geschehen ein.

Offen ließ Castro allerdings, ob er wieder persönlich die Staatsgeschäfte übernehmen wird. Politische Beobachter gehen nach diesem Interview davon aus, dass er die alltäglichen Pflichten und ermüdenden öffentlichen Auftritte weiterhin seinem fünf Jahre jüngeren Bruder überlassen wird, sich aber informiert und ein Eingreifen bei Grundsatzentscheidungen vorbehält. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2007)