Zur Person
Christian Resch
(51) ist seit zehn Jahren ÖVP-Bürgermeister von Mistelbach und Direktor der Landwirtschaftlichen Fachschule.

Foto: Stadtgemeinde Mistelbach
STANDARD: Bei der Eröffnung gab es strenge Sicherheitsmaßnahmen. Hat es Drohungen gegeben?

Resch: Es hat im Vorfeld eine Anzahl von Briefen mit durchaus unverhohlenen Drohungen gegeben. Gegen den Landeshauptmann, aber auch gegen die drei Priester, die das Museum gesegnet haben, hat es Drohungen und Einschüchterungsversuche gegeben.

STANDARD: Das heißt, Hermann Nitsch stößt immer noch auf reflexartige Ablehnung?

Resch: Ich habe erlebt, dass sich Menschen, die mir durchaus nahe stehen, zu starken Reaktionen hinreißen ließen. Der Nitsch lässt einen einfach nicht kalt. Es ist eben nicht alles wunderschön bei ihm.

STANDARD: Sie sind eng mit Nitsch befreundet. Haben Sie einen Nitsch zu Hause hängen?

Resch: Ja, wir sind seit 15, 20 Jahren befreundet. Ich war bei Aktionen dabei, und es hat sich daraus eine Freundschaft zur Familie entwickelt. Ich habe in der Landwirtschaftsschule (deren Direktor Resch ist, Anm.) einen Nitsch, das war ein Geschenk von Karlheinz Essl. Und meine Töchter und ich haben Nitsch-Grafiken.

STANDARD: Was sagen Sie zu Leuten, die das Werk Hermann Nitschs völlig ablehnen?

Resch: Es ist unglaublich spannend und erhebend, wie sich das Grausliche und das Schöne bei ihm ineinanderschiebt. Der Gesamteindruck dessen, was ich sehe, rieche und höre, fügt sich magisch zu etwas Neuem. Das Allumfassende der Natur, aber auch das Allumfassende, das in unserem Unterbewusstsein sein kann. Wenn man das dann sieht, kann es zu Reaktionen kommen, die auch unkontrolliert sind, weil sie aus dem Unterbewussten kommen. Man muss auch denjenigen verstehen, der sagt, "seid's ihr alle deppert wurn, das ist grauslich und scheußlich".

STANDARD: Vor zwei Jahren gab es Aufregung um ein Nitsch-Bild im Eingangsbereich des Mistelbacher Spitals, das Museum ist aber unumstritten, oder?

Resch: Alle Mistelbacher, die bisher dort waren, waren ganz weg von der Großzügigkeit des Museums. Viele sind begeistert, beeindruckt, was bei der Eröffnung alles los war. Andere sagen, anschauen muss ich es mir nicht, aber der Stadt wird es etwas bringen. Und wieder andere werden sagen, der Bürgermeister mit seiner Kulturspinnerei gehört weg. Das muss man akzeptieren.

STANDARD: Man rechnet mit 30.000 Besuchern jährlich. Ist die touristische Infrastruktur dafür da?

Resch: Einer derartigen kulturellen Investition müssen weitere Investitionen folgen. Die Gastronomie, die Beherbergungsbetriebe müssen jetzt anziehen. Um es salopp zu sagen: Wir wollen mehr, als einen Autobus in der Stadt verpflegen können. Es gibt Millionen Touristen in Wien, es wäre toll, wenn es uns gelingt, einen Bruchteil davon für einen Tag ins Weinviertel zu bringen. Oder, dass zum Beispiel die Gäste, die in der Therme Laa schon drei Tage im Wasser liegen, eine Ausflug ins Nitsch-Museum machen. Und danach kaufen sie im Zentrum vielleicht etwas ein oder gehen auf einen Kaffee. (Interview: Bettina Fernsebner-Kokert / SPEZIAL/ DER STANDARD, Printausgabe, 01.06.2007)