Brüssel - Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) will die betriebliche Kinderbetreuung focieren. Am Rande des Rats der Sozial- und Arbeitsminister in Brüssel am Mittwoch sagte Marek, dies bedeute "nicht reflexartig" sofort Betriebskindergärten zu verlangen, da dies bei der Größe der meisten österreichischen Unternehmen einfach nicht möglich sei. Vielmehr gehe es darum, steuerliche Erleichterungen für die Möglichkeit einer Kinderbetreuung im Betrieb einzuführen.

Dabei ist Marek bewusst, dass sie dieses Ziel nicht vor der nächsten für 2009/2010 angepeilten Steuerreform erreichen wird. Derzeit sei eine Arbeitsgruppe dabei, best practice-Modelle zu sammeln. Bei der für 18. Juni angesetzten Sitzung will die Staatssekretärin vor allem Unternehmerinnen einladen, ihre Erfahrungen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in ihren Betrieben darzulegen.

Von Betriebskrabbelstuben über Gutscheinmöglichkeiten gebe es heute bereits einige Modelle. "Das Problem heute ist, dass der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, die Kinderbetreuung begünstigt für den Mitarbeiter zu unterstützen". Steuerliche Erleichterungen könnte es für beide Seiten - Unternehmer und Elternteil - geben.

Ein Vorbild beim Thema Kindergärten könnte Deutschland sein. "Dort ist die Ausweitung der Öffnungszeiten von den Unternehmen mitfinanziert worden. Das ist eine win-win-Situation für alle".

Zum jüngsten Kinderbetreuungsgipfel der Regierung und darauf angesprochen, dass die dort genannten Zahlen an fehlenden Kinderbetreuungsplätzen zwischen 30.000 (Kdolsky, Anm.) und 50.000 (Bures, Anm.) schwankten und ihrer Meinung nach ein Kompromiss mit 40.000 sich anbieten könnte, sagte Marek: "Das soll man nicht an Zahlen festmachen". Erfreut zeigte sie sich, dass man sich eben "nicht an Zahlen festsaugt, sondern eine ganz konkrete road-map" erstellt habe, bis Herbst zu Ergebnissen zu kommen. Natürlich gebe es im Bereich der Unter-3-jährigen Handlungsbedarf. Hier habe Österreich zehn Prozent Betreuungsplätze, das Barcelona-Ziel sehe aber 33 Prozent vor.

Enttäuschung bei Opposition

Enttäuscht von den Ergebnissen des gestrigen Kinderbetreuungsgipfels der Regierung zeigten sich am Montag die Opposition und die Arbeiterkammer. "Völlig ergebnislos" sei der Gipfel über die Bühne gegangen, meinte FPÖ-Familiensprecherin Barbara Rosenkranz gegenüber der APA. Die Grüne Familiensprecherin Sabine Mandak kritisierte im APA-Gespräch, dass die Frage der Finanzierung weiter ungelöst bleibt. Der Bund habe einmal mehr einfach den Ball den Ländern zugeworfen, so Mandak. Auch Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel ist enttäuscht.

"Auf lange Bank" geschoben

Die Einigung auf die Zahl der notwendigen Plätze sowie der Konsens, dass die Finanzierung in die Kompetenz der Länder falle, ist für Tumpel zu wenig. "Es fehlen die Vorschläge, wie die Länder dazu gebracht werden können, dass es tatsächlich zu Verbesserungen bei der Kinderbetreuung kommt und welchen Beitrag dazu der Bund leisten kann", kritisierte er in einer Aussendung. Auch dass Familienministerin Andrea Kdolsky (V) die zusätzlichen Wahlmöglichkeiten bei der Bezugsdauer des Kindergelds "auf die lange Bank schieben will", ist für Tumpel nicht nachvollziehbar. Diese waren von den Sozialpartnern empfohlen worden.

"Eh kein Geld"

"Die sagen dann wieder, wir haben eh kein Geld", kommentierte Mandak die zu erwartende Haltung der Länder, in deren Kompetenz die Kinderbetreuung eigentlich fällt. Die Grüne fürchtet nun einen "völligen Stillstand", was den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze betrifft. Den Grundkurs der Regierung, verstärkt auch auf öffentliche Betreuung zu setzen, wird von ihrer Partei begrüßt. Die Grünen fordern darüber hinaus den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, wie es ihn in Skandinavien bereits gebe.

Die FPÖ hält von einer verstärkten außerhäuslichen Betreuung nichts. Grund: Die meisten Eltern würden ihre Kinder unter Drei in der Familie betreuen wollen, so Rosenkranz. Außerdem sei die wirkliche Wahlfreiheit nicht gewährleistet, wenn nicht das Kindergeld gleichzeitig ausgebaut werde. In Schweden, dem Musterland puncto Kinderbetreuung habe man dies nun auch erkannt - dort würde man mit der Einführung eines Kindergelds in der Höhe von 320 Euro monatlich bis zum vollendeten dritten Lebensjahr eine familienpolitische Kurskorrektur vornehmen, erläuterte die FPÖ-lerin. Konkret wünscht sich Rosenkranz die Valorisierung des Kindergelds und die Verlängerung der Bezugsdauer auf drei Jahre sowie die Abschaffung der Zuverdienstgrenze. (APA)