Foto: Wyeth

Das Wirkungsprinzip ist nicht neu, die Inhaltsstoffe Levonorgestrel und Ethinylestradiol in Niedrigdosierung ebenso wenig. Und dennoch: Der Pharmakonzern Wyeth betritt mit der Anti-Baby-Pille namens "Lybrel" ein neuartiges Terrain. In den USA ist es als erstes hormonelles Kontrazeptivum, das auf das Bewirken einer Amenorrhoe angelegt ist, dem permanenten Ausbleiben der Monatsblutung ohne Schwangerschaft, solange frau das Präparat nimmt, – recht schnell – zugelassen worden. Keine Tage, an keinem Tag. Nur jeden Tag ein Kügelchen schlucken.

2003 versuchte Barr Pharmaceuticals die Pille "Seasonale" auf dem Markt zu etablieren, die nur vier Perioden im Jahr zulässt. Das Hormonpräparat in Packungen mit 84 wirkungstragenden Stück und sieben Placebos ist allerdings ein relativer Ladenhüter. Kein Wunder: Der so erzeugte Langzeitzyklus war auch da schon vielen Frauen nicht unbekannt. Mit beliebigen Einphasenpräparaten (Mikropillen), bei denen jedes Dragee die gleiche Zusammensetzung aufweist, kann das verlängerte Ausbleiben der Periode erzielt werden, indem das Pärparat zwölf Wochen durchgehend genommen wird und somit die Abbruchsblutung verspätet in Gang gesetzt wird. Auch "Lybrel" wird durchgehend eingenommen, mit dem Unterschied, dass hier nie pausiert werden muss. Zwei Fliegen auf einen Streich: Keine Periode, keine Schwangerschaften.

Nebenwirkungen?

Aber wie verhält es sich neben individuell unterschiedlich stark ausgeprägten Nebenwirkungen der Hormonpräparaten wie verminderte Libido, Kopfschmerzen, Depressionen, mit den medizinischen Spätfolgen einer Langezeiteinnahme? Man weiß noch nicht allzu viel darüber, Wyeths Studien zu Lybrel an über 2000 Frauen zwischen 18 und 49 Jahren sind relativ kurz gelaufen.

Festzuhalten ist, dass es durch die niedrige hormonelle Dosierung bei Einnahme von "Lybrel" – wie auch bei Mikropillen wie Valette, der am häufigsten für die Praxis des Langzeitzyklus' verwendeten Marke – zu unkontrollierten Zwischenblutungen, Durchbruchsblutungen, kommen kann. Auch zu "Spottings", schwachen Blutungen, die sich als Flecken in der Unterhose sichtbar und maximal den Griff zur Slipeinlage nötig machen. Das Thromboserisiko steigt durch die Einnahme von "Lybrel" an – wie auch bei herkömmlichen Pillen.

Pro und Contra

Einige Expertinnen und Experten warnen nichtdestotrotz vor einer langzeitigen Einnahme auf Grund der fehlenden Daten. Auch vielen Frauen bereitet die Idee, einen Teil ihrer körperlichen Funktionalität durch eine Medikation ein- und ausschalten zu können, Unbehagen. Menstruation ist keine Krankheit, die es zu behandeln gelte. Andere könnten gerade hier einhaken: Die Menstruation kann für etliche Frauen sehr wohl mit Begleiterscheinungen, die Krankheitszuständen mehr als ähnlich sind, einhergehen. Für jene bedeutet eine Pille wie "Lybrel" ein Medikament im herkömmlichen Sinn.

Die Entscheidung für oder gegen "Lybrel" und Co. muss letztlich jede für sich treffen. Die US-Amerikannerinnen haben schon die Wahl, seit Juli ist Wyeths Wurf dort zu haben. Der Konzern rechnet mit sehr guten Umsätzen. Die Zulassung für Europa ist beantragt, im ersten Halbjahr 2008 wird mit einer Entscheidung zu rechnen sein, ob und wann "Lybrel" auch bei uns erhältich sein wird. (bto)