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"Sie schlägt mit dem Kopf gegen die Wand. Einmal. Noch einmal. Viele Male. Befühlt ihre Stirn. Eine blutende Beule. Du bist verrückt!, sagt sie zu sich selbst. Aber wozu diesen Kopf haben, wozu ein intaktes Gehirn haben, wenn es nur Schmerz bereitet? Wozu denken können, wenn das Denken nicht weiterhilft? Wenn das Denken die Liebe zerstört?...", schreibt Julia Treiber im ersten Kapitel - Zeit.Raffer - ihres Romans.

Der Inhalt der Geschichte allein würde schon genügen. Ausreichen, um Herzklopfen und leichte Beklemmungen hervorzurufen. Aber auch eine über die psychischen Schmerzen hinaus gehende Lebens- und Erlebensintensität. Die Sprache von Jutta Treiber setzt dieser emotionalen Tiefe ihres Romans noch eines drauf. Denn ihre Ausdrucksweisen bilden ein selten anzutreffendes Konglomerat von einfach konstruierten Satzbauten - "sie schreibt so, wie wir reden", meinte eine Freundin - und dessen Gegenteil, einer intellektualisierten Textsprache der anspruchsvollen Literatur. Und das in einer wohl geordneten Mischung.

Der Roman in drei Teilen erzählt die Lebensgeschichte einer Frau in Abständen von jeweils zehn Jahren. In Zeit.Raffer lässt die 35-jährige Übersetzerin Hannah auf einer Ägyptenreise ihr Leben Revue passieren: Kindheit, Eltern, behinderter Bruder, Szenen einer Ehe. Ein Rückblick, der dunkle Bilder produziert. Zeit.Schnitt handelt von einer weiteren, aber weitaus tragischeren Traumatisierung. Hannah wird auf einer Lesereise vergewaltigt. Ihr Leben nach dem Überleben ist beherrscht von Schmerz, Verlassenwerden und Einsamkeit. Auch im dritten Abschnitt - Zeit.Lupe - gibt es keine Erleichterung. Sie ist gefüllt von Sorgen um den sterbenskranken Sohn, Depression und Burnout. Erst die letzten drei Seiten des Buches lassen aufatmen, ein Licht am Horizont scheint wieder in Sicht zu sein. Schwermütig, aber sehr zu empfehlen! (dabu)