Das ist keine Schande - selbst die Darsteller räumen in Interviews ja ein, der Geschichte nur bedingt folgen zu können. Sehr grob gesagt, geht es bei dieser kommerziell höchst erfolgreichen Wiederbelebung eines längst totgesagten Genres namens Piratenfilm um die Jagd nach dem Glück. Was für die einen innerer Friede heißt, für andere eher weltliche Güter umfasst und für Dritte schließlich in erfüllter Liebe besteht - ein Motiv, das sich im aktuellen Teil weiter verkompliziert.
Bei dieser Jagd machen verfeindete Parteien einander das Leben schwer. Manche tragen Uniform, andere Muschelbewuchs, abenteuerliche Bärte und Kopfbedeckungen; die wenigsten von ihnen sind Frauen. Der Umstand, dass im Jagdfieber die Mittel des Öfteren den Zweck heiligen, führt zu vorübergehenden Seitenwechseln und überraschenden Allianzen (was dem Verfolgen der Geschichte, siehe oben, ebenfalls nicht unbedingt zuträglich ist).
Bühnenzauber
Aber macht auch gar nichts. Fluch der Karibik 3 - Am Ende der Welt beziehungsweise Pirates of The Caribbean: At World's End, der vergangenes Wochenende in Disneyland Weltpremiere feierte und nun von Mittwoch bis Freitag seinen nachgerade weltumspannenden Großstart hinlegen wird, funktioniert ohnehin viel mehr wie großer, spektakulärer Bühnenzauber im Sinne barocken Maschinentheaters. Ist man von einer erzählerischen Volte gerade etwas verwirrt, dann wirkt der nächste atemberaubende Spezialeffekt umso besser.
Und dergleichen wird auf der Reise ans Ende der Welt in der Tat aufgeboten - ob es sich dabei nun um ein gefrostetes Schiff handelt, das durch zartes Digitalschneetreiben gleitet, oder um Legionen von tüchtigen Wanderkrebsen, um die Träne, die eine melancholische Molluske heimlich vergießt, oder um einen gigantischen Wasserstrudel, der gleich zwei Schiffe in tiefste Tiefen hinabzuziehen droht.
In derlei Szenerien findet sich das bewährte Personal wieder: die forsche Elizabeth Swann (Keira Knightley), der ihr von Kindheit an zugetane Will Turner (Orlando Bloom), der verfluchte Davy Jones (Bill Nighy) und nicht zuletzt die generationenübergreifende Intergrationsfigur Captain Jack Sparrow (Johnny Depp).
Und die hat hier fraglos ihren komischsten Auftritt bisher: Sich im Gewahrsam des untoten Seemanns Davy Jones zu befinden, das bedeutet für Jack Sparrow nämlich, buchstäblich unter Seinesgleichen aufgehoben zu sein. Das muss man erst einmal aushalten.
Dass der Film dieser hübsch psychedelisch angehauchten Idee nicht mehr Raum gibt, ist bedauerlich. Aber auch bezeichnend für eine Erzähldramaturgie, die die Konzentrationsstörung gewissermaßen zu ihrem Prinzip erhoben hat.
Beliebig bedeutsam
Und so fliegt hier eine Vielzahl von Versatzstücken durch den künstlichen Raum. Die wirken ebenso bedeutsam, wie sie sich gleich wieder in relativer Beliebigkeit verflüchtigen können. So möge man etwa nur nicht ernsthaft nach einem stringenten Subtext in Sachen gegenwärtiger Politik suchen, wenn am Beginn ein im Dienste der Krone stehender Beamter verkündet, dass Versammlungsfreiheit ebenso ausgesetzt wäre wie "habeas corpus", und in Folge eine Massenhinrichtung stattfindet.