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Auf dem Weg zum Vollrausch. Strengere Gesetze sollen Jugendlichen den Zugang zu Alkohol erschweren. Warum junge Leute regemäßig zur Falsche greifen, geht unter.

Foto: APA/Fohringer
Stefan hat sich zweimal in die Notaufnahme gesoffen, zum Magenauspumpen. "Aber das war früher, als ich jung war", sagt der 18-jährige Schüler. Lisa, die mit 17 knapp vor der Matura steht, ist das noch nie passiert, sie kennt "nur Filmrisse" nach zu viel Alkohol. Roman wiederum, 18 und bereits im Arbeitsleben, trinkt nur zum Anstoßen und hat noch nie einen Rausch gehabt. Der gleichaltrige Bekir glaubt hingegen schon, dass Hochprozentiges dabei hilft, am Wochenende die Sau rauszulassen. Was alle vier wundert, ist der derzeitige Medienhype um das Thema. Denn dass junge Leute sich niedertschechern, habe es doch schon immer gegeben.

Dieser Meinung ist auch Laura Rudas, 26-jährige SPÖ-Nationalratsabgeordnete, die im Gegensatz zu den Teenagern nichts dagegen hat, ihren vollen Namen in der Zeitung zu lesen. Sie war es auch, die die jungen Gesprächspartner im Cafe Stein in Wien an einen Tisch brachte, weil "ständig über aber nie mit Jugendlichen geredet wird". Mit dabei außerdem der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Anton Schmid (54) und Fotograf Conny de Beauclair (55), der auf mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung als Türsteher der Wiener Diskothek U4 zurückblicken kann.

Von farbcodierten Ausweisen zur schnellen Alterskontrolle, wie sie Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) vorgeschlagen hat, hält in der Runde niemand etwas. Am deutlichsten wird Schmid: "Völlig vertrottelt, damit werden nur neue Hierarchien innerhalb der Jugendlichen geschaffen." Das Signal laute dann: "Mit rotem Ausweis hast endlich die Lizenz zum Saufen."

Zeig mir deine E-Card

"Außerdem", wirft Lisa ein, "verlangen Türsteher eh schon E-Card und Lichtbildausweis." Was auch Connie als "ziemlich sichere Methode" bezeichnet. Früher habe er auch manchmal jüngere Besucher ins U4 im Meidlinger Untergrund gelassen. "Weil ich mir gedacht hab, besser sind sie im Lokal aufgehoben als auf der Straße. Bei uns gibt's ja auch billige antialkoholische Getränke", so der erklärte Nichttrinker und Nonsmoker.

Laut Gewerbeordnung müssen zumindest zwei Anti-Alk-Getränke billiger sein als der billigste alkoholische. Was in bestimmten Lokalen bei so genannten Flatrate-Partys (zum Beispiel "All you can drink" für 10 Euro) umgangen wird.

Gerade für 13- oder 14-Jährige stellten Billig-Saufangebote eine große Verlockung dar, berichten die Jugendlichen aus eigener Erfahrung. Und längst nicht überall gebe es Alterskontrollen. "Rund um den Schwedenplatz kriegen Minderjährige überall harte Getränke", so Lisa. "Kann mich nicht erinnern, im Bermuda-Dreieck in der Innenstadt jemals nach dem Alter gefragt worden zu sein", ergänzt Bekir. Bier oder Wodka aus Tankstellenshops seien ohnehin kein Problem. "Genau das ist das Problem", hakt Laura Rudas ein. Es gehe nicht darum, strengere Jugendschutzgesetze zu schaffen, sondern die bestehenden besser umzusetzen.

Roman schwört auf Aufklärung: "Meine Eltern haben mir nie verboten, Alkohol zu trinken, mir aber immer mögliche Folgen klar gemacht." Stefan musste selbst draufkommen, dass Spitalseinlieferungen auch im Börsel schmerzen: "1000 Euro, die Krankenkasse zahlt nichts", warnt er.

Nach dem Motiv für einen vorsätzlichen Rausch befragt, drucksen die jungen Leute zuerst ein wenig herum. Locker werden, Spaß haben, heißt es. Erst auf Nachfrage kommen sie drauf, dass sie eigentlich schnell Stress oder Probleme vergessen wollen. Für Jugendanwalt Schmid keine Überraschung: "Es gibt ja in dieser leistungsorientierten Gesellschaft genug erwachsene Vorbilder." Fünf Prozent der Österreicher sind pathologische Säufer, 16 Prozent gelten laut Gesundheitsministerium als stark alkoholgefährdet. (Michael Simoner/DER STANDARD-Printausgabe, 12./13.5.2007)