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Foto: APA/Harald Schneider
Wien - Die OMV gerät wegen ihrem geplanten Mega-Gas-Deal mit dem Iran zunehmend unter öffentlichen Beschuss. In Wien hat am Mittwoch eine eher unbekannte Organisation namens "Realite EU" eines konservativen britischen Politikberaters eine Pressekonferenz organisiert, in der der deutsche Politologe Matthias Küntzel den Konzern scharf als "stillen Teilhaber des Terrors" attackierte und Exil-Iranerin und Buchautorin Ghazal Omid unter Tränen die Lage in ihrem Land schilderte.

"Ente"

Die "Wiener Zeitung" titelte am Mittwoch unter Berufung auf "hochrangige Exponenten der heimischen Diplomatie", dass die Vereinigten Staaten Österreich angedroht hätten, dessen Bewerbung für einen Sitz im Sicherheitsrat zu blockieren, falls der Iran-Deal realisiert wird. Im Büro von Außenministerin Ursula Plassnik (VP) wurde dies jedoch umgehend als "völlige Ente" zurückgewiesen.

Plassnik selbst hatte sich zuletzt für eine sachliche Debatte ausgesprochen. Sie verwies zunächst darauf, dass es derzeit "keinen generellen Wirtschaftsboykott" gegen den Iran gebe und dass man den "Vorgang durchaus auch im Sinne der Energiesicherheit" betrachten müsse. Auch die anderen heimischen Parteien - mit Ausnahme der Grünen, die von einem schlechten Timing sprachen, unterstützten die Vorgehensweise.

Ausländisches Fachwissen

Genau das bezeichnete der Politikwissenschaftler und Experte für islamischen Fundamentalismus, Küntzel, am Mittwoch als das "eigentliche Problem". Die breite Zustimmung unter den heimischen Parteien sei "gespenstisch". Es sei geradezu "zynisch oder dumm, wenn die österreichische Außenministerin behauptet, es handle sich 'lediglich um einen Geschäftsvorgang', der, da es sich um Erdgas handelt, mit dem iranischen Atomprogramm nichts zu tun habe". Tatsächlich gehe es um ein "außenpolitisches Signal" in Richtung eines "gegen die USA gerichteten Bündnisses zwischen Europa und dem Islam". "Eine ganz große Koalition in Österreich sei "offenkundig entschlossen, ... sich als erste westliche Regierung mit der iranischen Bombe abzufinden", so die harten Worte.

Dem Politologen zufolge ist die iranische Gaswirtschaft noch völlig unterentwickelt. 2002 habe der Iran, obwohl er auf den zweitgrößten Erdgas-Reserven der Welt sitze, sogar Gas importieren müssen. "Deswegen braucht das Land das ausländische Fachwissen, die Investitionen in Gasverflüssigungsanlagen für den Export und die Anbindung an die Gas-Pipeline Nabucco (ein Projekt unter der Führung der OMV, durch das Gas aus dem kaspischen Raum nach Europa transportiert werden soll, Anm.)", so Küntzel. Es sei daher klar, dass die Investitionen dem Regime massiv nützen und indirekt in die Atomforschung fließen würden.

Domino-Effekt

Andere Firmen wie BP hätten sich aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen. Energieriesen wie Shell, Total, Repsol der E.ON hielten sich mit Neuverträgen zurück. Die OMV, erklärte er, sei deshalb Vorreiter und könne "einen Domino-Effekt auslösen". Erhalte die OMV von der Republik, die 30 Prozent am Konzern hält, die Zustimmung, könnte die deutsche Regierung, die bisher einen neuen Gas-Deal der E.ON blockiert habe, folgen, fürchtet Küntzel.

Er verlangt deshalb von der OMV, dass sie den Abschluss des Deals zumindest von einem Stopp des iranischen Atomprogramms abhängig macht. Sonst würden die Menschen womöglich in Zukunft "das 'MV' im Firmennamen mit 'Massenvernichtung' assoziieren", sagte Küntzel wörtlich. Menschenrechts-Aktivist Omid dagegen hält einen Deal mit dem regierenden iranischen Regime grundsätzlich für verwerflich. Die OMV müsse "die erzielbaren Profite gegen das Leben tausender Frauen und Jugendlicher abwägen". Ein wirtschaftlicher Boykott, ist sie überzeugt, würde die Regierung von Präsident Mahmoud Ahmadinejad in der pluralistischen iranischen Bevölkerung massiv "unter Druck setzen".

Konzern nicht Vorreiter im Iran

Die OMV selbst bleibt bei ihrer Linie in Sachen Iran-Geschäfte und hat die zunehmende öffentliche Kritik erneut klar zurückgewiesen. Von einer Vorreiterrolle der OMV könne keine Rede sein, betonte ein Sprecher des Konzerns. Eine Reihe westlicher Konzerne wie Shell, Repsol und Total seien schon lange im Iran aktiv und sogar schon an der Entwicklung des South Pars Gasfeldes beteiligt, in die OMV jetzt einsteigen wolle.

Ob westliche Firmen im Iran investieren und der Iran sein Gas exportieren dürfe, sei Sache der Politik. "Die Politik definiert die Regeln und Rahmenbedingungen. Die OMV hält sich daran", erklärte der Sprecher. Sämtliche österreichischen Gesetze, alle Beschlüsse der EU und der UNO würden im Rahmen des möglichen Gas-Deals mit dem Iran befolgt. Außerdem habe sich die OMV einen unternehmenseigenen "Code of Ethics" auferlegt, in dem sie sich dazu bekenne, dass "im Umfeld ihrer Tätigkeiten keine Menschenrechtsverletzungen stattfinden, von denen wir wissentlich profitieren".

Auf ihrer Homepage hat die OMV mittlerweile ein Statement zur Frage veröffentlicht "Wie passt CSR (Corporate Social Responsibility) mit dem Iran Engagement zusammen?" Daran heißt es, Corporate Social Responsibility habe dem Verständnis der OMV nach "mit der Politik in einzelnen Ländern oder auf der großen Weltbühne nichts zu tun". Natürlich verurteile der Konzern Menschenrechtsverletzungen, wo immer sie auftreten. Abseits der eigenen Aktivitäten sei für Konsequenz daraus jedoch die Politik verantwortlich.

Sicherung der Versorgung

Grundsätzlich betrachte die OMV ihre Pläne im Iran als "Maßnahme zur Sicherung der Erdgasversorgung Europas", betonte der Konzernsprecher. Dies sei auch Teil der EU-Strategie zur Erhöhung der Energiesicherheit. Immerhin werde der Erdgasbedarf in Europa von heute 500 Mrd. Kubikmeter bis 2030 auf rund 700 bis 800 Milliarden im Jahr ansteigen, während die EU-eigene Produktion stetig zurückgehe. Daher müsse man auch alternative Lieferanten zu Russland erschließen. Dabei könne man sich "nicht aussuchen wo die Öl- und Erdgasreserven liegen", argumentiert die OMV.

Der börsenotierte Öl- und Gaskonzern hatte am 21. April eine Absichtserklärung mit der National Iranian Oil Company (NIOC) unterzeichnet. Bei dem Projekt geht es um mögliche Beteiligungen an der Entwicklung von Teilen des South Pars Gasfelds im Persischen Golf und an einer Verflüssigungsanlage für Flüssig-Erdgas (Liquefied Natural Gas - Iran LNG) sowie um Bezugsverträge für Flüssig-Erdgas. Nach iranischen Presseberichten soll der geplante Deal ein Geschäftsvolumen bis zu 30 Mrd. Dollar (22 Mrd. Euro) über die nächsten 25 Jahre ausmachen und wäre damit der größte jemals vereinbarte Gas-Kontrakt zwischen dem Iran und einer europäischen Firma. Der Abschluss der Verhandlungen wird für das zweite Halbjahr angepeilt.

Dass die OMV dabei auch schon fixe Zusagen für eine Anbindung des Iran an die geplante Nabucco-Pipeline abgegeben habe, dementierte der Konzern am Mittwoch. Der Iran sei hier neben Aserbaidschan und Turkmenistan eines der möglichen Zielländer. Mit der im April erzielten Vorvereinbarung habe dies aber "null zu tun", so der OMV-Sprecher. (APA)