Grafik: Der Standard
Dazu kommt eine Berufswelt, die Durchsetzungs-fähigkeit verlangt - ein Studium für hartgesottene Kreative.

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Wien - Wer sich berufen fühlt, Architektur zu studieren, sollte diesen Ruf sehr laut und kräftig verspüren. Das Studium gilt als sehr anspruchsvoll und die Berufswelt der Architekten als hart umkämpftes Pflaster.

Derzeit sind 5456 Studenten an Österreichs Unis gemeldet und müssen sich auf einen übersättigten Arbeitsmarkt gefasst machen, warnt Rektor Hans Sünkel von der TU Graz.

Dass das Studium so heiß begehrt ist, liegt an den vielfältigen Möglichkeiten der eigenen Entwicklung. Die einzelnen Fakultäten verweisen auf eine breite Palette, die alle zentralen Bereiche der Architektur, wie etwa Objektdesign, Hochbau und Konstruktion oder auch Städtebau oder Denkmalpflege umfasst.

Die Möglichkeit, an einer technischen Universität Architektur zu studieren, bieten die TU Graz und die TU Wien sowie die Universität Innsbruck. Die Kunst-Universitäten in Linz und Wien bieten auch ein Architekturstudium - aber erst nach einer Aufnahmsprüfung.

Ein Unterschied des Architekturstudiums an der TU und den Kunst-Unis liegt für TU-Studenten in einer heterogenen Lehre durch mehr Personal und Abwechslung der Klassenleiter sowie einer weniger strikten Ausrichtung auf das Schaffen einzelner Lehrender. Die Trennung zwischen Technik und kreativem Planen zieht sich aber nicht entlang der Unis. Auch an den TUs gilt: Die Tätigkeit von Architekten ist eine gestalterische Arbeit, die meist nächtelang am PC oder beim Modellbau vonstatten geht.

Um individuelle Lösungen für die Aufgaben beim Planen und Entwerfen zu finden, braucht es allerdings ein weit reichendes technisches Verständnis. Soziale Kompetenz und ein breites Kulturwissen sind ebenfalls hilfreich, da jedes Projekt eine neue Herausforderung darstellt und in seiner Umgebung ein Spannungsfeld zu bespielen hat.

Eigeninitiative und Platzangst

Matthias Standfest von der Grazer Fakultätsvertretung ist überzeugt, dass die Architektenausbildung eine der aufwändigsten Studienrichtung ist: "Gerade am Anfang ist der Stress extrem." Hilfe bieten die Studentenvertreter mit ihrer Erstsemestrigenberatung und hilfreichen Tipps zum leichteren Start ins Traumstudium.

Mitbringen sollte man vor allem die Lust an der Arbeit und eine positive Einstellung zur Materie sowie Eigeninitiative, bestätigt auch Patrick Jaritz von der Fachschaft der TU Wien. Er betont, wie wichtig ausreichende Räumlichkeiten und ein gutes Betreuungsverhältnis für die Qualität sind: "Die Klassengrößen von 25 bis 30 Personen verbessern die Studiensituation nicht." Wünschenswert seien maximal 15 Personen pro Klasse.

Das Problem der Raumknappheit bestätigt auch Rektor Peter Skalicky. Die Nachfrage sei größer als die Kapazität der TU. Aber gemeinsam mit dem Wissenschaftministerium sollen in den nächsten zwei Jahren 4000 m² mehr Platz zum Studieren geschaffen werden.

Die Studentengunst gewinnt, wer mehr investiert und namhafte Vortragende vorweisen kann. So verweist Standfest lobend auf die neuen Grazer Modellbauplätze die durchgehend geöffnet sind. In Innsbruck schätzen die Studenten die kompakte Größe des Instituts und die Betreuung durch engagierte Assistenten.

Für die drei Unis Innsbruck, Graz und Wien gilt: Die Mindeststudiendauer von zehn Semestern wird selten eingehalten. Alleine wegen der dringenden Empfehlung aller Fakultäten, sich nach dem ersten Abschnitt Praxis in einem Architekturbüro oder einer Projektgruppe anzueignen.

In Wien wird das Bakk-Studium mit sechs und das Masterstudium mit vier Semestern aufgeteilt. Das erste Jahr ist als Orientierungsphase mit entsprechendem Lerninhalt wie Tragwerkslehre, Materialkunde, Stadtkunde und Architekturgeschichte vorgesehen.

In Innsbruck und Graz wird das Architekturstudium mit Diplom-Ingenieur nach durchschnittlich 17 Semestern abgeschlossen. Die hier gebotenen Orientierungsphasen gelten als offener als die neue Wiener Regelung. Das mag auch an der schieren Größe der Wiener Fakultät liegen: 3200 Studenten werden von 18 Professoren und 90 Assistenten sowie etwa 280 externen Lehrbeauftragten betreut. Die Stadt Wien bietet mit ihrer Kulisse und ihren architektonischen Problemen einen weiteren Anreiz für angehende Architekturaffiktionados. (Georg Horvath/DER STANDARD Printaugabe, 9. Mai 2007)