Innsbruck/Kirchberg - Die 23-jährige Kirchbergerin Tanja J., die seit ihrem dritten Lebensjahr mit einem bosnischen Pass in Tirol lebt, soll einen vorübergehenden Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten. Das hat das Büro von Innenminister Günther Platter (VP) der BH Schwaz auf deren Anfrage mitgeteilt. Damit kann die junge Frau vorerst für ein Jahr in Österreich bleiben und ihrem gelernten Beruf als Kellnerin nachgehen. Aber sie verliert alle bisher aufgrund ihres 20-jährigen Aufenthalts erworbenen Ansprüche. Die Frau hatte vergessen, ihr jüngstes Fünf-Jahres-Visum fristgerecht zu verlängern - der STANDARD berichtete.

"Sie würde erst nach fünf Jahren von jetzt an aufenthaltsverfestigt sein, könnte erst nach weiteren zehn Jahren um die Staatsbürgerschaft ansuchen. Wäre vor Abschiebung, etwa bei Arbeitslosigkeit, nicht geschützt", sagt ihr Anwalt Paul Delazer. Er werde deshalb "auf jeden Fall" seinen Antrag auf Niederlassungsbewilligung aufrecht halten.

Keine Stadtwohnung

Die Frau könnte etwa, erklärt Delazer, erst nach fünf weiteren Jahren um eine Stadtwohnung ansuchen. Ein Recht, das laut EU-Gesetz allen langfristig Aufenthaltsberechtigten (ab fünf Jahren) zusteht. Diese sind, wenn unbescholten, in einer Reihe von Punkten "wie eigene Staatsangehörige" zu behandeln: beim Zugang zu Verfahren für den Erhalt von Wohnraum, zu Bildungseinrichtungen, Ansuchen um Stipendien und Steuervergünstigungen. Sie können nur ausgewiesen werden, wenn sie eine "schwere Gefahr" für die öffentliche Sicherheit darstellen.

Die zuständige Beamtin der Bezirkshauptmannschaft Schwaz sagt gegenüber dem Standard, ihr ginge es darum, den "unrechtmäßigen Aufenthalt" von Frau J. "zu beenden". Damit sei Zeit gewonnen. "Wir arbeiten an einer besseren Lösung." Anwalt Delazer meint, Tanja J., die in Tiroler Dialekt spricht, vier Sprachen beherrscht und deren Eltern seit mehr als fünf Jahren Österreicher sind, hätte längst einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten müssen, "ex lege".

Empört über Platter zeigt sich der SPÖ-Abgeordnete Josef Broukal. "Dass Tanja zwanzig Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet hat, hat Platter mit seiner 'humanitären Geste' weggewischt." Wegen einer versäumten Frist könne die Frau erst dann die Staatsbürgerschaft beantragen, wenn sie 30 Jahre in Österreich gelebt hat. Die Fremdengesetze müssten auf Härten überprüft werden, fordert Broukal. (Benedikt Sauer, DER STANDARD Printausgabe, 4.5.2007)