Wien - Sie hatten sich viel vorgenommen: Was an Emotion und Intensität Rang und Klang hat, wollte Mariss Jansons offenbar mit seinem Orchester im Goldenen Saal vorführen. Die geistige wie körperliche Herausforderung begann mit Richard Strauss\ "Also sprach Zarathustra", führte über Auszüge aus Wagners Tristan und Isolde zu Gustav Mahlers wuchtiger 7. Symphonie im zweiten Konzert - Bartóks kantiger Klangduktus in Der wunderbare Mandarin nahm sich in diesem Umfeld wie ein auflockerndes rhythmisches Vexierspiel aus.

Der unter die Haut gehende musikalische Moment entfaltete sich aber jenseits des geplanten Programms. Aus traurigem Anlass. Zum Gedenken an den tags zuvor verstorbenen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch, mit dem Jansons eng befreundet war, spielten die Gäste Ases Tod aus Edvard Griegs Peer Gynt-Suite. Innig, schlicht, ohne forcierendes Zurschaustellen formte Jansons einen beredten letzten Gruß voller Klangfarben, dem sich das Publikum stehend in stiller Anerkennung anschloss.

An Anerkennung - jubelnd und begeistert - fehlte es im Übrigen für den beliebten lettischen Dirigenten nicht. Die innigen Momente des Musizierens vermisste man weit mehr. Klangvoll, aber ohne den großen erzählenden Bogen, zerfranste Strauss\ Zarathustra in Einzelepisoden. Häufig disharmonierendes Holz mischte sich - besonders in den Schlussakkorden - widerspenstig in den Klang. Korrekte, aber sehr zackig artikulierte Geigensoli unterstrichen den rauen Gesamteindruck.

Richard Wagners wogend expandierende Klangpalette im Vorspiel zu Tristan und Isolde schien den Musikern näher zu sein, das sachte Zurücknehmen, das Isoldes Liebestod immer wieder verlangt, hätte Mut zum Mehr vertragen. Ganz frei- und zusammengespielt konnte das Orchester in Bartóks Der wunderbare Mandarin mit seinen virtuosen Qualitäten auftrumpfen, ließ manche Raffinesse auf der Saite zergehen, kostete die rhythmische Struktur kokett aus.

Die Fülle des Mahler\schen Klanges reizten die Bayerischen Gäste in der 7. Symphonie ohne Abstriche aus. Bisweilen intensiver und anhaltender, als in der Partitur zu lesen ist. Die Ermüdung durchdrang ein "Glockenton", der nichts mit Mahlers "Herdenglocken" zu tun hatte - Handy - du "Herdenglocke" der Moderne. (Petra Haiderer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.5.2007)