Wien - "Das steht im Widerspruch zur ganzen familienpolitischen Grundhaltung der Regierung." ÖVP-Sozialsprecher Gottfried Feurstein "wundert" sich im Standard-Gespräch über FPÖ-Klubobmann Peter Westenthalers Vorstoß, sämtliche Transferleistungen vom Familieneinkommen abhängig zu machen. Die Idee sei "faktisch nicht zu verwirklichen", so Feurstein, weil die "unbedingte Voraussetzung" dafür, nämlich die Familienbesteuerung (derzeit gilt die Individualbesteuerung), fehle. Er, Feurstein, hätte aber auch mit der Familienbesteuerung "höchste Bedenken" gegen eine Koppelung der Transfers an das Familieneinkommen. "Der kinderlose Single wäre bei gleichem Einkommen gegenüber einer Familie mit Kindern bevorzugt." Es sei aber auch bei höheren Einkommen zu differenzieren, ob jemand für Kinder zu sorgen habe oder nicht, fordert Feurstein. Horizontal gerecht FPÖ-Pendant Herbert Haupt sieht im Westenthaler-Vorschlag indes eine langjährige FPÖ-Forderung. Auch die Familienbesteuerung sei für die FPÖ "schon immer vorstellbar" gewesen. Dass Karenzgeld für alle und die geforderte einkommensabhängige Treffsicherheit im Widerspruch stünden, "ist auf der einen Seite sicher richtig, auf der anderen Seite ist aber auch die horizontale Gerechtigkeit zu beachten", sagt Haupt im Standard-Gespräch. Soziale Gerechtigkeit erfordere nicht nur vertikale Umverteilung von oben nach unten. Verteilungsgerechtigkeit müsse auch berücksichtigen, wie viele Menschen von einem Einkommen leben müssten. Die Vorsitzende der "Initiative Freiheitliche Frauen", die oberöstereichische Landesrätin Ursula Haubner, will Familienleistungen "wie das Kinderbetreuungsgeld für alle aus dieser Diskussion genommen wissen". "Wie passt das zusammen?", fragt Wifo-Sozialexpertin Gudrun Biffl. Das sei "der nächste Rundumschlag". "Sämtliche Transfers" könnten von der Schülerfreifahrt, der Behindertenförderung, der Arbeitslosenunterstützung bis zum Bundesbeitrag zu den Pensionen prinzipiell alles umfassen, sagt Biffl im Standard-Gespräch. Steuerfinanzierte Umverteilungssysteme basierten darauf, dass jemand, der einzahle, auch profitiere. Würden etwa Besserverdienenden sämtliche Transferleistungen vorenthalten werden, wäre das eine akute "Bedrohung für die gesellschaftliche Solidarität", kritisiert Biffl. Auch negative Nachfrageeffekte (Konsum) könnten unerwünschte Nebenwirkungen sein. Sinnvoller wäre, so Biffl, nur einzelne Transfers zu beschneiden. Mit der Familienbesteuerung drohe "ein Einzementieren alter Abhängigkeiten von Frauen". Aufgrund des ungünstigeren Steuersatzes bei höherem Familieneinkommen könnten viele Frauen zu arbeiten aufhören. Für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer wäre die Abkehr von der Individualbesteuerung "ein Weg in die völlig falsche Richtung", für Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger ein "frauenpolitischer Rückschritt". (nim/aw)