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Damit im Handyland Österreich alte Telefone nicht am Müll landen, sondern umweltfreundlich entsorgt werden, müssen Besitzer sammeln und Hersteller für das Recycling sorgen.

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Recycling-Forscher Philipp Bohr.

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Versicherungsmann Anders Sverkman.

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Die Umsetzung der EU-Recycling-Richtlinie ist so einfach nicht: Unterschiedliche Gesetze in den Mitgliedsstaaten stellen international agierende Hersteller vor Probleme. Auf der Tagung ECO-X des Kompetenzzentrums Kerp sollen Lösungsansätze diskutiert werden.

Rund siebeneinhalb Kilogramm Elektromüll werden jährlich in Österreich eingesammelt, Tendenz steigend. Im Vergleich zu angrenzenden Ländern, wie der Slowakei und Tschechien ist das laut Experten sehr gut. Dort werden defekte Geräte repariert und scheinen daher in der Verwertungsstatistik nicht auf. Bei der anschließenden Wiederverwertung des Elektroschrotts jedoch gibt es Probleme – eines von vielen Themen, die vom 9. bis 11.5. auf der internationalen Konferenz ECO-X in Wien diskutiert werden sollen.

Ausgangspunkt der Gespräche wird die WEEE-Richtlinie der Europäischen Union ("Waste Electrical and Electronic Equipment") sein. Sie besagt, wie berichtet, dass in allen EU-Mitgliedsstaaten mindestens vier Kilogramm Elektroschrott pro Einwohner und Jahr gesammelt werden müssen. Die Hersteller der Geräte werden in die Pflicht genommen. Sie müssen für das Recycling sorgen. Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze hatten die EU-Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum. Obwohl die Umsetzung für alle Staaten gilt, sehen sich die zumeist international agierenden Hersteller von Elektrogeräten in jedem Land mit unterschiedlichen Gesetzen konfrontiert. Christoph Herrmann von der TU Braunschweig, wissenschaftlicher Leiter des Wiener Kompetenzzentrums Kerp, das die ECO-X veranstaltet, beklagt diesen Umstand: "Es gibt da teilweise sehr massive Unterschiede bei der Registrierung, bei den Pflichten der Hersteller und bei der staatlichen Kontrolle." Teilweise führe dies zu Unsicherheiten bei den Herstellern; Herrmann, der auch Chairman der ECO-X ist, sieht Bedarf für mehr Harmonie unter den Recycling-Gesetzen Europas. Aber die unterschiedlichen Gesetze bieten den Herstellern auch einen gewissen Spielraum. Die WEEE-Richtlinie gibt zwar vor, dass sie sich ums Einsammeln und Verwerten des Elektroschrotts kümmern müssen. Doch mit der Aufgabe beauftragen die meisten Produzenten wieder andere Unternehmen. Und genau da spießt es sich: Die Produzenten müssen sich über die konkrete Wiederverwertung wenig Gedanken machen.

"Die Anreizstrukturen in der WEEE-Richtlinie sind nicht sehr klug ausgestaltet worden", kritisiert der Recyclingforscher Philipp Bohr und fordert: "Wir brauchen ein Product Design Feedback, also einen Anreiz für die Hersteller, ihre Geräte so zu designen, dass sie einfach verwertbar sind." Anders ausgedrückt: Für Elektrogerätehersteller muss es sich lohnen, ihre Geräte so zu bauen, dass sie mit möglichst wenig Aufwand möglichst vollständig wiederverwertet werden können. Auf der ECO-X wird Bohr daher vorschlagen, die Richtlinie um Material Recovery Certificates (MRC) zu ergänzen; ein System, das er in den vergangenen Jahren als Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston entwickelt hat. Ein solches Zertifikat muss für jedes Gerät erworben werden. Die Zertifikate sind umso teurer, je schwieriger die Stoffe zu recyclen sind; auch giftige Stoffe kosten deutlich mehr.

Die Hersteller von Elektrogeräten müssten recycling-unfreundliches Produktdesign teurer bezahlen. Es würde sich also für sie lohnen, schon beim Entwurf eines neuen Elektrogerätes darüber nachzudenken, was damit eigentlich geschieht, wenn es, wie es immer heißt, "am Ende des Lebenszyklus" angelangt ist. Von einer anderen Seite versuchen Recyclingversicherungen das Problem zu lösen. Die WEEE-Richtlinie sieht die Möglichkeit vor, dass Hersteller eine Art Lebensversicherung für die Elektrogeräte abschließen können. Wenn das Gerät recycled wird, springt die Versicherung ein. Ein ähnliches System gab es in Schweden schon lange, bevor die WEEE-Richtlinie eingeführt wurde. Und sie funktioniere gut, versichert Anders Sverkman. Sein Arbeitgeber, die Länsförsäkringar Alliance, bietet unter anderem auch Recyclingversicherungen für Elektrogeräte an.

"Wir haben niedrigere Prämien für Elektrogeräte, die gut designed sind", lobt Sverkman das eigene Unternehmen. Für die Produzenten kann eine Versicherung interessant sein, wenn sie sich über die Rückstellung von Geldern für die Wiederverwertung keine Gedanken machen wollen. Aber auch gegen Risiken könne man sich absichern lassen, meint Sverkman: "Man weiß ja beim Entwurf eines Gerätes noch nicht, ob das Recycling durch neue Gesetze in zehn, zwanzig Jahren plötzlich überraschend teurer wird." Dafür stehe dann die Versicherung gerade. Auf der ECO-X sollen aber auch innovative Recycling-Technologien vorgestellt werden. Außerdem will man die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern. Der Veranstalter Kerp arbeitet ja in der Europaregion Centrope bereits mit osteuropäischen Ländern zusammen. (Jens Lang/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.4. 2007)