Im "Rampant Lion" wird die Country-House-Variante der britischen Trinkeinrichtung "Pub" gepflegt, komplett mit offenem Kamin und Service-Personal in Kilts.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Warum britische Pubs als Paradies für Bierkenner gelten dürfen, ist schon ein Rätsel. Gut, die Auswahl an Biertypen (Lager, Bitter, Ale, Stout...) ist meist beachtlich. Wer sich aber auf den weltweit mit Abstand gängigsten Typus - Lager - festgetrunken hat, dem muss Britannien samt seiner Pub-Exportwirtschaft als erbarmungslos ignorantes Land erscheinen: Derart brutal niedergekühlt, ohne jeden Skrupel mit abartigen Mengen ätzender Kohlensäure versetzt, so herz- wie schaumkronenlos bis zum Blattl angefüllt wird dem durstigen Wanderer da die vermeintliche Rettung hingeknallt, dass schon das erste Glas kaum zum Dersaufen ist und man fortgeschrittener Alk-Masochist sein muss, um weiteres nachzugießen.

Das gilt auch im eben eröffneten "The Rampant Lion", nur ist das Lager vom Fass in diesem Fall australisches Foster's der Sorte "SuperChill", und da schauen Bierkenner sich ohnehin nach Alternativen um. Das köstliche Bitter von John Smith ist zwar auch zu kalt, entschädigt aber mit samtenem Schaum und vollmundiger Trinkfreude - was bei € 4,70 je Pint allerdings das Mindeste ist. Neben zwei weiteren Briten-Bieren und Cider vom Fass gibt es auch ein feines "Wine Menu", auf dem von Wieninger bis Preisinger die üblichen Verdächtigen versammelt sind.

Die eigentlichen Stärken des Döblinger Edel-Pubs liegen aber woanders

In der heftig historisierenden Country-House-Kulisse etwa, komplett mit Fireplace, Wänden in "Raspberry Red" mit Ölschinken von Tierleins samt rot berockten Jägern und geschnitzten Fauteuils mit Schottenkaro-Bezug, in denen die Gäste aus der Umgebung sich wahrscheinlich wie zu Hause fühlen. Die steinernen Löwen beim Eingang aber schauen mehr nach Chinese ums Eck aus als nach Gentleman's Club. Wem's gefällt, der kann die Möbel samt und sonders erwerben: Eine der Betreiberinnen hat auch einen "Olde England"-Einrichtungsshop in der Nähe.

Die Speisen sind mit guten Grundprodukten gekocht und schmecken ziemlich englisch, was, mit Ausnahme des erstklassigen Chicken Korma-Currys mit Mandeln und frischer Mango und dem köstlichen Colcannon (Erdäpfelpüree mit blanchiertem Kohl und gebratenen Jungzwiebeln), der zu einem skurrilen, mit Haferflocken panierten "Scottish Schnitzel" gereicht wird, für kontinentale Gaumen halt doch recht erstaunlich sein kann.

Sehr nette Bedienung durch Kilt tragende "Native Speakers", die einen das alles mit dem nötigen Humor ertragen lassen. (Severin Corti/Der Standard/rondo/09/03/2007)