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"Es sind kaum Bürgerkarten im Volk", stellt Michael Vesely, E-Government-Experte und Geschäftsführer der Gemeinde-Plattform kommunalnet.at , nüchtern fest: "Obwohl mittlerweile Millionen bürgerkartenfähige Bankomaten und E-Cards im Umlauf sind, nutzen vielleicht 50.000 Österreicher diese auch als Bürgerkarte."

"Der Nutzen ist nicht gegeben"

Die Frage, warum sich die Karte nicht durchsetzt, mit der sich der Einzelne unter anderem eindeutig bei Online-Amtsgängen identifizieren soll, ist für ihn schnell beantwortet: "Der Nutzen für den Bürger ist nicht gegeben, und das Verfahren dazu ist außerdem zu kompliziert."

"FinanzOnline"

Das scheint auch die öffentliche Verwaltung selbst erkannt zu haben, denn auch für die bei Lohnsteuerzahlern immer beliebter werdende elektronische Arbeitnehmerveranlagung auf dem Portal des Finanzministeriums - "FinanzOnline" - bedarf es übrigens nicht der Identifizierung via Bürgerkarte. Die dafür erforderlichen Zugangskennungen erhält der (bürgerkartenlose) Antragsteller mit persönlichem Rückscheinbrief (RSa) per Post zugestellt.

Sicherheit sei etwas "Psychologisches"

Das Argument, dass Bürgerkarte mit digitaler Signatur mehr Sicherheit verspreche, will Vesely nicht so einfach gelten lassen: Sicherheit sei etwas "Psychologisches". Für ihn persönlich sei etwa das PIN-/TAN-Verfahren bei Online-Banking ausreichend. "Warum sollte man bei der Bürgerkarte bei Amtswegen ein höheres Maß an Sicherheit brauchen als bei der Verwaltung seines eigenen Geldes", stellt der Experte fragend in den Raum.

Einfacheres Verfahren

Um E-Government wirklich in die Breite zu bringen, müsste man in vielen Fällen auf eine weniger "überkandidelte" Form der Authentifizierung des Bürgers zurückgreifen, wie z.B. User-ID und Passwort. Ein darüber hinausgehendes Verfahren mit Bürgerkarte, wie es beim Gemeindeportal kommunalnet.at praktiziert wird, sei meist nur innerhalb der öffentlichen Verwaltung notwendig. Das Portal, das je zur Hälfte der Kommunualkredit und dem Gemeindebund gehört, erfülle deshalb auch alle Sicherheitsheitsrichtlinien der Republik, betont er.

Negative Kritik

Er will das alles nicht als negative Kritik verstanden wissen. Denn in Sachen E-Government seien in Österreich schon etliche Erfolgsstorys geschrieben worden - vom zentralen Melderegister bis hin zum Firmenbuch.

Barrierefreiheit

Handlungsbedarf sieht er derzeit vor allem in Sachen Barrierefreiheit. Denn bis 1. 1. 2008 legt das E-Government-Gesetz fest, dass zumindest alle gv.at-Webseiten von allen Menschen ungeachtet deren persönlicher Handicaps "konsumiert" werden können. Wie man dem zeitgerecht beikommen wolle, sehe er noch nicht. Denn "Barrierefreiheit" sei nicht nur technisch ein hehres Ziel, meint Vesely, sondern auch eine Frage des "allgemein verständlichen" Textes.(Karin Tzschentke/DER STANDARD, Printausgabe vom 18.4.2007)