Unter Leistungsdruck: Student Osman (re.) darf bei Christian (li.) nur bleiben, wenn er seine Prüfungen besteht.
Foto: Christian Fischer
Verheiratet, aber ohne Chance: Kaffeehausbesitzerin Roswitha (li.) und Janet (re.) im rechtlichen Nirwana.
Foto: Christian Fischer
Christian Ondrak (37), Ampeltechniker aus Wien und Osman (26), Wirtschaftsstudent aus dem Kosovo, leben eine Liebesbeziehung mit Ablaufdatum. Die Regeln des Spiels bestimmt das seit Jahresanfang 2006 geltende Niederlassungsgesetz, laut dem das schwule Paar, wenngleich seit eineinhalb Jahren liiert, nicht als Lebensgemeinschaft gilt. Osman hat keine Chance auf Aufenthaltsrecht als Partner eines Österreichers. "Bei uns steht ein Elefant im Wohnzimmer, aber keiner redet über ihn, sonst würden wir verrückt", sagt Christian. Seit er mit Osman zusammen ist, kennt er die Angst vor erzwungener Trennung: Osman ist zum Studieren nach Wien gekommen, mit einem ans Studium gebundenen Visum, das nur nach bestandener Aufnahmeprüfung inklusive Deutschtest verlängert wird.

Beim Treffen mit dem STANDARD strahlt Osman: "Die Aufnahmeprüfung war sehr schwer, aber vorige Woche habe ich sie im dritten Anlauf endlich geschafft!". Jetzt muss er tüchtig lernen: Die Verlängerung seines Visums hängt von seinem weiteren Studienerfolg ab - so wie beim überwiegenden Teil der Studenten aus Drittstaaten, für die verpatzte Prüfungen zur Zwangsausreise führen können. Und wenn Osman mit dem Studium einmal fertig ist? "Dann muss er, wie es rechtlich derzeit ausschaut, in den Kosovo zurück", sagt Christian. Doch das kann Osman so nicht stehen lassen: "Ich bin aus dem Kosovo weggegangen, weil man dort als Schwuler unmöglich leben kann. Hier habe ich Christian kennen- und lieben gelernt. Also kann ich nicht in den Kosovo zurück!"

Besserstellung ...

Die Probleme der beiden Männer seien in gewisser Hinsicht "absurd", merkt hier der Wiener Anwalt und Präsident der Homosexuellenvereinigung Rechtskomitee Lamdba, Helmut Graupner, an. Die derzeit aussichtslose aufenthaltsrechtliche Lage vieler schwuler und lesbischer binationaler Paare wurzle nämlich im krassen Gegenteil: in einer Besserstellung, die von den heimischen Gesetzestüftlern jedoch zielsicher "in ihr Gegenteil verkehrt worden ist".

Tatsächlich sieht das seit Jahresbeginn 2006 geltende Niederlassungsgesetz - neben vielen Verschlechterungen mit Langzeitwirkung (siehe Geschichte unten) erstmals ein Aufenthaltsrecht für ausländische Partner aus lesbischen oder schwulen Verbindungen vor. Mit dieser Regelung wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt, die die Gleichbehandlung Homosexueller vorsieht.

... machte es schlechter

Doch im Staate Österreich wird freie Niederlassung nur solchen Mann-Mann und Frau-Frau Verbindungen zugebilligt, die bereits im "Herkunftsstaat" des Nicht-Österreichers ein Paar waren: Eine Folgewirkung der beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits anhängigen eigenwilligen Innenministeriums-Interpretation des Freizügigkeits-Begriffs laut EU-Recht, die auch viele heterosexuelle binationale Paare Visum-mäßig in die Bredouille gebracht hat. Eine diesbezügliche VfGH-Entscheidung ist spätestens im Sommer zu erwarten.

Fraglich ist, ob dieser Spruch dann Roswitha Schmid (43) und Janet Hatt (52) helfen wird: Der österreichischen Besitzerin des "Café Standard" in der Wiener Margartenstraße und ihrer kanadischen Ehefrau, die bei der Internationalen Atomenergieagentur (IAEO) tätig ist. Tatsächlich haben Janet und Roswitha vor einem Jahr in Kanada geheiratet. So wie es dort Hetero- und Homosexuellen möglich ist.

Im Nirwana

Wäre Janet ein Mann - auf der Basis ihrer geltenden Aufenthaltsberechtigung könnte sie als Ehepartner einer Österreicherin im Inland ein Visum beantragen. Für die "Zeit danach", wie sie sagt: "Dann, wenn ich im Jahr 2009 im Pension gegangen sein werde". Als lesbisch Verheiratete jedoch schwebt sie im niederlassungsrechtlichen Nirwana: Der österreichische Staat erkennt diese Ehe nicht an.

Doch Janet denkt nicht ans Resignieren: "Die IAEO muss unsere Ehe akzeptieren, wie die UNO ja sonst auch. Dann schaue ich mir an, was der österreichische Staat tut." (Irene Brickner/DER STANDARD-Printausgabe, 17.04.2007)