Wien - Die drei Weisen, die im Auftrag der EU-14 die politische Lage in Österreich und die "Natur der FPÖ" überprüfen sollen, haben am Freitag ihre Gespräche in Wien aufgenommen. Erste GesprächspartnerInnen waren im Kanzleramt VertreterInnen der Regierung und der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich. Den Medien stellten sich Ahtisaari sowie seine beiden Kollegen Marcelino Oreja und Jochen Frowein nur bei einem gemeinsamen Fototermin mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Verteidigungsminister Herbert Scheibner. Dabei sagte Ahtisaari, die drei Weisen seien sehr bemüht, eine gründliche Arbeit zu machen. Dass sie jetzt schon in Österreich sind, sei ein Zeichen dafür, dass sie schnell arbeiten wollten. Frowein meinte, die drei Weisen hätten ein "sehr intensives" Programm während ihres Besuches in Wien. Sie würden dabei "über alle Fragen, die das Mandat enthält, sprechen". Treffen mit Schüssel Erster Gesprächspartner der drei Experten war am Vormittag Bundeskanzler Schüssel, danach folgte Verteidigungsminister Scheibner, der in Vertretung der in Thailand urlaubenden FPÖ-Obfrau Susanne Riess-Passer für seine Partei die Gespräche führte. Scheibner hat dabei nach eigenen Angaben seine "Einschätzung der Politik der FPÖ in einem historischen Rahmen" abgegeben. Weitere Themen des auf Englisch geführten Gesprächs seien die Asyl- und Fremdenpolitik sowie die Europapolitik der FPÖ gewesen. Er habe klargestellt, dass es der FPÖ immer darum gegangen sei, die durch den ungebremsten Zustrom von Einwanderern entstehenden Probleme zu lösen. Gleichzeitig habe er festgehalten, dass es für seine Partei immer außer Streit gestanden sei, wirklich politisch Verfolgten in Österreich Schutz zu gewähren. VfGH-Präsident Adamovich teilte nach seiner Unterredung mit dem Weisenrat mit, es habe sich erwartungsgemäß gezeigt, dass das Gremium "bestens vorbereitet und bestens informiert" die Aufgabe angegangen sei. Zum konkreten Inhalt des Gesprächs äußerte er sich nicht. Schüssel: Substanzieller Dialog Zum ersten Mal seit sechs Monaten habe es "einen wirklichen substanziellen Dialog mit Österreich" gegeben, sagte Bundeskanzler Schüssel nach dem ersten Besuchstag der drei Weisen - dem ehemaligen finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari, dem Direktor des Max-Planck-Instituts Heidelberg, Jochen Frowein, und dem ehemaligen spanischen Außenminister Marcelino Oreja - gegenüber dem ORF-Radio. "Ich werte das als ein sehr ermutigendes Signal, dass diese drei europäischen Politiker und Rechtsgelehrten so rasch gekommen sind. Was auch Hoffnung gibt, dass der Bericht nicht verzögert wird und rasch nach der Sommerpause fertig gestellt wird", so Schüssel. Schüssel erklärte zudem gegenüber der "ZiB 1", er habe gegenüber den Weisen erklärt, die freiheitliche Partei sei Teil der Regierungskoalition. Es habe einen deutlichen Wechsel von der Opposition zu verantwortungsvoller Regierungsarbeit gegeben und dieser Wechsel sei "in verantwortungsvoller Weise" vor sich gegangen. Strasser mit Gespräch zufrieden Innenminister Ernst Strasser (V) hat sich nach seinem Gespräch mit dem Weisenrat der EU-14 "sehr zufrieden" gezeigt. Wie der Minister betonte, hätten ihn der ehemalige finnische Präsident Martti Ahtisaari, der Direktor des Max-Planck-Institutes Heidelberg, Jochen Frowein, und der frühere spanische Außenminister Marcelino Oreja vor allem zu den Themen Migration, Asyl und Fremdenpolitik befragt. "Sehr interessiert" sei das Gremium an den Institutionen des Menschenrechtsbeirates gewesen. An dem Gespräch Strassers mit dem Gremium waren auch Außenministerin Benita-Ferrero-Waldner (V), Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) und Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) beteiligt. Geführt wurde die Unterredung teils in deutscher, teils in englischer Sprache. Die MinisterInnen seien auch gefragt worden, wie sie "die Stimmung im Haus Österreich einschätzen". Gehrer: Können gut zuhören Gehrer berichtete "von einem interessanten und sachlichen Gespräch". Die drei Weisen beschrieb sie als "Leute, die sehr gut zuhören können". Sie habe vor allem über die Aktivitäten im Schulbereich berichtet. Hauptthemen seien die Integration ausländischer Kinder gewesen, für die in Österreich 1.700 LehrerInnen abgestellt seien. Weiters habe sie über Projekte zu den Themen Zeitgeschichte und Europa informiert. Die FPÖ sei in der Runde mit den vier MinisterInnen kein Thema gewesen. Die drei Volksanwälte Horst Schender (F), Ingrid Korosec (V) und Christa Krammer (S) gaben sich nach ihrer Aussprache mit den drei Weisen überaus wortkarg. Sie meinten bloß, es sei spannend gewesen. Van der Bellen empfing NGOs Der grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen empfing am Freitag VertreterInnen verschiedener Minderheitengruppen und NGOs anlässlich seines für Samstag vorgesehenen Gesprächs mit den EU-Weisen. Ziel des Zusammentreffens war es, den Gruppen, die mit den Weisen nicht in direkten Kontakt treten, zu ermöglichen, ihre Anliegen weiterzuleiten. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zeigte sich überzeugt, dass die drei Weisen in ihrem Bericht an die EU-14 an vorderster Stelle auch die Bemühungen der Republik und der Wirtschaft zur positiven Bewältigung des Themas der NS-Zwangsarbeit aufnehmen werden. Offener Brief des UFF In einem Offenen Brief wandte sich am Freitag auch das UnabhängigeFrauenForum (UFF) an die drei Weisen, um seine Sichtweise über "das Wesen der FPÖ" darzulegen. Demnach sei die programmatische Haltung und die Realpolitik der FPÖ "von Sexismus, Diskriminierung und Rassismus geprägt". Das UFF verweist dabei einerseits auf das Buch Jörg Haiders "Die Freiheit, die ich meine" und andererseits auf realpolitische Entscheidungen. Angeführt werden u.a. der politische Umgang mit der Frauenbeauftragten in Kärnten, die ohne juristische Grundlage ab- und erst auf Grund massiven politischen Drucks wieder eingesetzt worden sei, die laut UFF von FPÖ-Repräsentanten unterstützte Kampagne gegen die evangelische Superintendentin Gertraud Knoll, Förderungskürzungen im NGO-Bereich. "Grundsätzlich bedauert und kritisiert" wird vom UFF zudem, "dass der eingesetzte Weisenrat ausschließlich von angesehenen Männern repräsentiert wird und keine einzige Frau nominiert wurde". Muzicant begeistert Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, hat sich von seinem Gespräch mit dem Weisenrat der EU-14 begeistert gezeigt: "Es war für mich ein Erlebnis. Das sind für mich Leute, wie wir sie in Europa nicht allzu viele haben", meinte er Freitagabend vor Journalisten nach dem rund einstündigen Gespräch in Wien. Zum Inhalt der Gespräche wollte sich Muzicant nicht öffentlich äußern. Er fände es "nicht anständig", etwas über den Inhalt zu erzählen. Etwaige Informationen müssten die Weisen bekannt geben. Gefragt, ob er bei dem Gespräch seine früher geäußerten Meinungen zur innenpolitischen Lage geändert habe, antwortete Muzicant zurückhaltend. Er habe eine grundsätzlichen Meinung, die er nicht jeden Tag ändere. Kommunique Nach dem Ende ihrer Gespräche am ersten Besuchstag in Österreich haben die drei Weisen Freitag Abend in Wien ein Kommunique veröffentlicht. Es hat folgenden Wortlaut (APA-Übersetzung): "Wir haben heute folgende Treffen gehabt: 10:00-11:00 Bundeskanzler Wolfgang Schüssel 11:00-12:00 Verteidigungsminister Herbert Scheibner, in Vertretung von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer 12:00-13:00 Ludwig Adamovich, Präsident des Verfassungsgerichtshof 15:00-17:00 Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer Innenminister Ernst Strasser Justizminister Dieter Böhmdorfer Außenministerin Benita Ferrero-Waldner 17:00-17:45 Die VolksanwältInnen Christa Krammer, Ingrid Korosec, Horst Schender 18:00 Bundespräsident Thomas Klestil 19:30-20:30 Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde gez.: Martti Ahtisaari Jochen Frowein Marcelino Oreja" Das weitere Programm Am Samstag stehen Treffen mit Nationalratspräsident Heinz Fischer (S) (10.00 Uhr), den Klubobleuten von FPÖ und Grünen, Peter Westenthaler (12.00 Uhr) und Alexander Van der Bellen (11.00 Uhr) auf dem Programm. Empfangen werden sollen im Hotel Imperial auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch (S) und Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl (V) (nachmittags) sowie kirchliche Delegationen. Die katholische Kirche wird dabei u.a. von Bischof Klaus Küng und Caritas-Präsident Franz Küberl (17.00 Uhr) vertreten, die evangelische von Bischof Herwig Sturm und Diakonie-Direktor Michael Chalupka (18.00 Uhr). (APA)