Der 1975 geborene Pianist Roberto Fonseca gilt als talentiertester Vertreter einer jungen, die Tradition der Heimat in die weltläufige Großzügigkeit führenden Musik Kubas. Mit seinem ersten, auch international veröffentlichten Album "Zamazu" kommt er jetzt nach Wien
Redaktion
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Wien – Aus alten, vermeintlich schon vor Jahrzehnten abgespielten Klassikern wie
Somewhere Over The Rainbow
tatsächlich noch Neues herauszuholen ist nur wenigen musikalischen Talenten beschieden. Meist will man sich mit solch vermeintlichen Publikumsfavoriten zum Ausrasten ein wenig in nicht besonders anstrengende Effekthascherei oder die Vortäuschung von Inniglichkeit retten, um dort zu rasten. Von der Version dieses Stückes aus der Hand Roberto Fonsecas allerdings im Rahmen seiner letzten Europatournee erzählen sich Konzertbesucher heute noch mit feuchten Augen.
Dabei ist dieses von ihm solo am Klavier dargebrachte Stück nur eine der auf der Bühne verschwenderisch verschenkten Komponenten dieses 1975 im kubanischen Havanna geborenen Virtousen.
Bekannt wurde Fonseca, als er von Ibrahim Ferrer 2001 zur Unterstützung des damals schon 82-jährigen Pianisten Rubén Gonzáles in die Band des Buena Vista Social Club geholt wurde und dadurch schon bald zu dessen jüngstem Solostar aufstieg. Weitere Tourneen mit Ibrahim Ferrer und Omara Portuondo folgten.
Daneben begann sich der stets smart gekleidete Jungstar intensiv mit einer Solokarriere zu beschäftigen. Die sollte spätestens jetzt im Frühjahr mit der ersten auch außerhalb des hispanischen Marktes erfolgenden Veröffentlichung, dem Album Zamazu (Vertrieb: Enja/Lotus), im großen World-Music-Rahmen durchstarten. Gemeinsam mit ihm technisch und vom Spielwitz her ebenbürtigen Musikern wie Javier Zalba (Flöte, Klarinette, Saxofon), Omar Gonzáles (Bass), Ramsés Rodriguez (Schlagzeug) sowie dem Vater-Sohn-Duo Emilio und Emilio Del Monte an der Perkussion entwickelt Roberto Fonseca dabei die Vorgaben der afrokubanischen Heimat weiter Richtung Weltmusik im tatsächlichen Wortsinn.
Neben der Folklore der Heimat in Gestalt von alten Stilen wie Rumba, Bolero oder Cha-Cha begann sich Fonseca auch zunehmend für die kühleren Farben und Schattierungen des US-amerikanischen Cool Jazz zu interessieren. Wie wir alle wissen: Wenn sich eine Kalt- und eine Warmwetterfront aufeinander zubewegen, kann das zu erheblichen Gewittern und Stürmen führen. Diesbezüglich befeuert Fonseca sein Publikum dann auch mit einer gehörigen Prise Salsa, streut südamerikanische Gewürze dazu und beschäftigt sich wie etwa in der Komposition Un Congo Arabe mit arabischen Motiven.
Meist nehmen die Stücke ihren Ausgang bei schlicht gehaltenen Motiven auf dem Klavier. Diese werden dynamisch gesteigert, von den einzelnen Bandmitgliedern aufgegriffen, variiert und improvisatorisch ausgeschmückt, rhythmisch neu gedeutet und zu einem tobenden, lebensfrohen Abschluss gebracht.
Dass der mit Ganzkörpereinsatz spielende Hochleistungsmusiker Roberto Fonseca auch lyrischer arbeiten kann, zeigen gerade seine gemeinsam mit dem britischen Produzenten Nick Gold für das Londoner Label World Circuit erarbeiteten Bolero-Adaptionen für das nun posthum erschienene Abschiedsalbum seines im August 2005 verstorbenen Mentors Ibrahim Ferrer. Auf dessen
Mi Sueno
("Mein Traum") (Vertrieb: Lotus) erfüllte er dem großen alten Mann des todessehnsüchtigen, romantischen kubanischen Schmachtgesangs einen letzten Wunsch. Die hier, teilweise nach vorliegenden Demo-Aufnahmen entstandenen Boleros als Königsdisziplin der kubanischen Musiktradition bereichern das überbordende Talent Fonsecas auch Richtung des gerade im Alter nicht zu unterschätzenden Anteils von Zärtlichkeit. Wie Fonseca hier mit schlankem und ab und zu mit Streichern unterstütztem Ensemble die filigran wie mit großer Dringlichkeit geschlagenen Akkorde aus seinem Instrument hervorlockt und leicht ins schwerste Fach der Welt, jenem des Balzgesangs vordringt, verdient mehr als nur Respekt. Jung, ewig alt – und ganz groß! (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 13.04.2007)
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