"Gecco"

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Macht neugierig: das Sitzding "Innovation C"

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"Fold"

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"Snooze"

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Designer Fredrik Mattson

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Manchmal sollte man sich schon trauen, einen Designer zu fragen, ob er seine Arbeiten eigentlich schön findet. Der Gesichtsausdruck lohnt das Risiko. Und eine Antwort bekommt man in der Regel dann auch (meistens). Fredrik Mattson ist sich im ersten Augenblick ebenfalls nicht sicher, richtig gehört zu haben, meint dann aber, "natürlich sind meine Möbel schön, aber das ist ja, als fragten sie eine Mutter, ob ihre Kinder hübsch sind."

Aber was heißt schon schön? Auf jeden Fall macht es neugierig, dieses Ding namens "Innovation C", auf dem sich Mattson da so hin und her dreht. Man fragt sich, ob das überhaupt ein Sessel ist. Ganz sicher muss man sich da nicht sein, oder? "Deshalb gehen die meisten Menschen auch schnurstracks auf das Stück zu und probieren es aus. Das taugt mir. Wer macht das schon bei einem traditionelleren Sessel?" Also das wäre geklärt: "Innovation C" ist ein Sessel. Aber auch noch etwas anderes. Mattson spricht von einem Werkzeug zum Sitzen, einem Objekt, das beim Sitzen hilft.

Bezug auf neue Lebensmodelle

Die Idee zu dem Stück kam Mattson vor Jahren am Stockholmer Flughafen, als er all die Business-Typen sah, die sich mit ihren Laptops auf den Knien herumquälten. Das gab Mattson zu denken: Zum Sitzen braucht man eine Sitzfläche, eine Lehne, für den Laptop eine Tischfläche. Logisch. Was folgte, war also "Innovation C", ein Möbel, das diese drei Elemente wie aus einem Guss vereint und sich obendrein noch wie ein Spielplatzgerät um die eigene Achse dreht. "Das ist gerade im öffentlichen Raum wichtig, schließlich will auch der Großstadtcowboy gelegentlich wissen, was da hinter ihm los ist", so der 1973 in Malmö geborene Designer und gelernte Tischler, der einleuchtend argumentiert, ein Möbel könne nur dann etwas Neues sein, wenn es sich auf neue Lebensmodelle bezieht. Dazu gehöre der Laptop-Nomade genauso wie die umweltschonende Nutzung von Materialien.

Des Sessels Schönheit, oder sagen wir lieber sein Aussehen, basiert also auf einer Idee. Das hat er mit absolut jedem seiner Artverwandten gemein. Stellen wir also die Frage nach einem Stil, nach irgendeiner Schublade, in die man den "Innovation C" stecken könnte. Mattson, der übrigens auch ganz andere, für Auge und Popo weit weniger gewöhnungsbedürftige Möbel designt - 4000 seiner äußerst reduzierten "Sting"-Sessel zieren zum Beispiel Zaha Hadids BMW-Zentralgebäude in Leipzig - will sich aber partout kein Etikett aufpicken lassen. "In meiner Arbeit gibt es keine Ismen, keine Namen, ich will frei bleiben, nicht in einer Ecke stehen", so der Absolvent der Kunstakademie Konstfack in Stockholm. Aber irgendeinen Ausdruck wird er sich wohl gefallen lassen müssen, schließlich ist das Ding zu interessant, um unbenamst zu bleiben. "Gut, wenn wir davon ausgehen, dass jeder Stuhl etwas ausdrückt, von der Lümmelhaftigkeit eines Sitzsacks bis hin zum Machtsymbol eines Chefsessels mit ultrahoher Lederlehne, dann möchte ich sagen, mein ,Innovation C' ist Ausdruck für Offenheit und für Zukunftsorientiertheit. Und smart ist er auch." Infantiler Übermut Um nun die Neugierde nicht noch unerträglicher zu machen: Dieses Ding, das es in allen möglichen Farben und Textilien gibt, hält, was es nicht verspricht. "Innovation C" ist ein Erlebnis. Mit infantilem Übermut lässt man sich bis zur Schwindeligkeit um des Sessels Achse sausen. Plagt einen der Hunger, lässt sich sein Oberteil als Esstisch verwenden, die Sache mit dem Laptop wurde bereits erwähnt, steht einem der Sinn nach anderem, lässt sich die Sitzfläche auch rittlings besitzen. Offensiv, also im Prinzip verkehrt besessen, schützt einen das Oberteil vorm Absturz, und plagt einen der Rückenschmerz, lässt sich das Kreuz durch eine Art Vornüberhaltung wunderbar entlasten, denn auch den Elchtest besteht der Schwede eins a. Will man unbedingt etwas zum Rummosern finden, gelingt einem das höchstens beim ganz gewöhnlichen Sitzen. Da fällt für manche Geschmäcker die Lehne etwas zu wenig hoch aus. Ist aber nicht wirklich schlimm. Außerdem, wer will auf diesem Ding, mit dem unter anderem die Stockholmer Börse bestückt ist, schon normal sitzen? Dafür gibt's schließlich genug andere Sessel. Oder wie Fredrik Mattson meint, "es ist nicht wichtig, wie du darauf sitzt, sondern was mit dir passiert." (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/13/04/2007)