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Harry Weber 2002: "Ich weiß nicht, was künstlerische Fotografie sein soll."

Foto: APA/Artinger

Von Harry Weber meisterhaft im Bild festgehalten: Szene aus dem Alltagsleben im Jerusalem des Jahres 1962, "Jerusalem, Mea Shearim".

Foto: Harry Weber

Harry Weber, "Wiener Typen", 1980-2000

Harry Weber: Das Wien Projekt
Ausstellung im MUSA - Museum auf Abruf
Eröffnung 18. Oktober 2007, 19 Uhr (19.10. - 12.1.2008)

Das Museum auf Abruf (MUSA) wird mit der Eröffnung am 19. Juni Wien um einen weiteren Ort für österreichische Gegenwartskunst bereichern. Das MUSA beherbergt die 16.500 Werke umfassende Sammlung zeitgenössischer Kunst der Stadt und findet ihr neues Zuhause direkt neben dem Rathaus in der Felderstraße. (red)

Foto: © Sammlung der Kulturabteilung der Stadt Wien

Wien – Der österreichische Fotograf Harry Weber ist in der Nacht auf Dienstag im Alter von 85 Jahren an den Folgen einer Herzkrankheit verstorben. Der gebürtige Klosterneuburger (1921), der vor den Nationalsozialisten nach Palästina geflüchtet und nach dem Krieg nach Wien zurückgekehrt war, war einer der herausragendsten Vertreter des Fotojournalismus.

Als Stern-Cheffotograf für Österreich prägte Weber über viele Jahre das Genre der Reportagefotografie, als Theaterfotograf für Musik- und Sprechtheater wurde er bald legendär. 2002 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis für künstlerische Fotografie und den Berufstitel Professor. Dabei war sich Weber ganz sicher, die Auszeichnung nie zu bekommen: "Weil ich die geärgert habe. Weil ich gesagt habe, das ist doch für künstlerische Fotografie, und ich bin kein Künstler!" Und dann ist es doch passiert. Und zudem noch erhielt der "Reporter" Weber, der das "Schießen" beim Stern gelernt hatte, obendrein auch noch den Professorentitel. Erich Lessing, Staatspreisträger des Jahres 1997, Carl Aigner (Niederösterreichisches Landesmuseum) und die Fotohistorikerin Anna Auer bildeten die Jury – und konnten in ihrer Laudatio schlicht feststellen: "Etwa dreieinhalb Minuten hat es gedauert, bis wir Einstimmigkeit erzielten – dann konnten wir zum Kaffee übergehen."

Harry Weber blieb – durchaus ein prägender Charakterzug – stur und betonte: "Ich weiß immer noch nicht, was künstlerische Fotografie sein soll!" Daneben nutzte er die Gelegenheit, sich bei seiner Frau Marianne zu bedanken. Aus gutem Grund: Von Anfang an verabscheute er die Laborarbeit. Filme zu entwickeln konnte er sich gerade noch vorstellen. Aber für die Dunkelkammer empfand Weber sich immer als zu ungeduldig – und heiratete 1947 die Fotolaborantin Marianne.

1998, zum 50. Jahrestag der Gründung des Staates Israel, zeigte das Historische Museum der Stadt Wien (nun Wien Museum) in der Volkshalle des Rathauses Harry Webers Jerusalem-Bilder von 1948 bis 1998. Gesehen, empfunden und fotografiert – so der Titel der Schau – hat Harry Weber die Heilige Stadt der Juden, Christen und Moslems und vor allem deren Bewohner. Nur selten finden sich reine Architekturaufnahmen.

Er spürte dem Leben dieser Stadt mit ihren so unterschiedlichen Vierteln nach, den Menschen, die das einmalige Stadtbild prägen: Äthiopische Mönche in deren verfallenem Klosterdorf, die Armenier mit ihren spitzen Hüten, orthodoxe Juden, arabische Straßenhändler, katholische Nonnen, israelische Soldaten.

Bekannte Schauplätze stehen neben solchen, die kein Reiseführer anpreist, intime Momente (des Gebets) kontrastieren mit Ausschnitten aus dem pulsierenden Alltagsleben. Ostern in der Grabeskirche gehört ebenso zu Harry Webers Stadtbild wie der Tanz beim marokkanischen Mimouna-Fest.

Harry Webers Wien-Bild wird ab Oktober im Wiener Museum auf Abruf zu sehen sein. Er hat bis zuletzt an dieser Schau gearbeitet. (Markus Mittringer/ DER STANDARD, Printausgabe, 11.4.2007)

>>>Reaktionen: "Humanist mit der Kamera"

Mailath-Pokorny: "Humanist mit der Kamera"

"Harry Weber war einer der ganz Großen der Fotografie, ein Humanist mit der Kamera", reagierte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) tief betroffen auf den Tod des österreichischen Fotografen. "Für Harry Weber zählte nicht das anonyme Motiv, sondern der Mensch, den er stets in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt hat. Mit seinen Fotos hat er immer zutiefst menschliche Geschichten erzählt. Harry Weber hat sich dabei selbst nie in den Vordergrund gedrängt, sondern blieb bescheiden und sympathisch".

Bundespräsident Fischer: "Sensibler, aufmerksamer Geschichtenerzähler"

Als einen hervorragenden Vertreter der österreichischen künstlerischen Fotografie, der mit seiner Kamera ein sensibler und aufmerksamer Geschichtenerzähler war, hat Bundespräsident Heinz Fischer Harry Weber in einem Kondolenzschreiben gewürdigt. Weber habe über viele Jahre als Reportage- und feinfühliger Theaterfotograf das "Bild" Österreichs im In- und im Ausland geprägt.

Besonders seine Bildreportagen über den Weg zum Staatsvertrag und über die Ungarische Revolution im Jahre 1956 werden in Erinnerung bleiben, so das Staatsoberhaupt am Abend in einer Aussendung.

Schmied: Herausragendster Fotochronist des Jahrhunderts

Bundesministerin Claudia Schmied (S) reagierte bewegt auf den Tod Harry Webers: "Harry Weber war der herausragendste Fotochronist eines bewegten Jahrhunderts", so Schmied in einer Aussendung."Sein eigenes schweres Schicksal hat ihn nie davon abgehalten, die Kamera als Objekt der objektiven Geschichte zu benützen. Seine Bilder stellten Grausamkeit und Alltag in komprimierter Realität dar. Als einer der liebenswürdigsten Personen im hektischen Milieu von Fotojournalismus blieb er stets ein ruhender Pol, auf den man gerne zuging. Österreich, die europäische Fotografie hat ein einen Großen ihrer Zunft verloren." (APA)