Bild nicht mehr verfügbar.

REUTERS/Microsoft/Robert Sorbo/Handout
"Hack is not a four-letter word", dämmert es in fetten Lettern vom schwarzen T-Shirt über seinem Schreibtisch. Schon als kleines Kind wollte er Bauen und Konstruieren, im College erfasste ihn die Begeisterung für die Möglichkeiten der Computertechnologie. Sie erlaubt es Menschen miteinander zu verbinden, gemeinsam Projekten und Aufgaben zu begegnen. Das ist über 30 Jahre her und seit seiner Zeit als Student der Computer-Wissenschaften ist Ray Ozzie nicht untätig geblieben diesen Gedanken der digitalen Vernetzung in die Tat umzusetzen.

Meilensteine

Er entwickelte, was später einmal als "Lotus Notes" bekannt werden sollte. Erschuf die erste kommerziell erfolgreiche "Groupware"-Applikation. Als IBM das Unternehmen übernahm, verließ er das Projekt und gründete "Groove Networks", wo er an einer neuen Generation von Desktop-Kollaborationssoftware zu arbeiten begann. 2005 erfolgte die Akquisition durch Microsoft und Ozzie wurde zum "Chief Technical Officer" ernannt. Am 15. Juni 2006 übergab ihm Bill Gates seine Position als "Chief Software Architect" und kündigte an, sich in den nächsten Jahren aus dem Geschäft zurückziehen zu wollen.

Puppenspieler

Da steht sie nun, die große Aufgabe. Vielleicht die schwierigste in seinem ganzen Leben. Hunderte Stränge, von hunderten Untergruppen und Abteilungen, von Programmierern, Managern und Produktdesignern, sind in seine Hände gelegt. Es ist an ihm, den weltgrößten Softwarekonzern in den nächsten Jahren zu leiten, seine Macht zu zügeln, sie zeitgerecht auszuspielen und dem Schaffen der zehntausenden Angestellten eine Vision, ein Ziel zu geben.

Steiler Weg

Dabei ist die Ausgangslage diffizil. Der Markt ist im Umbruch begriffen. Der Desktop hat durch plattformübergreifende webbasierte Programme Konkurrenz bekommen. Linux findet langsam aber stetig den Weg vom Unternehmensbereich zum Heimanwender, während das neue Windows "Wow" Vista eine teure und schwierige Geburt hingelegt hat. Daneben kämpft Microsoft zeitgleich an unterschiedlichsten Fronten, will im Musikvertrieb Fuß fassen, den Spielkonsolenmarkt aufrollen und den Servermarkt für sich gewinnen. Irgendwo und über all dem schwirrt Gates neueste Vision, das Wohnzimmer zu erobern – eine Vision, die den Mittbewerbern Apple und Sony ein Kernanliegen ist.

Ying und Yang

Aber gerade Ozzies ruhige, nachdenkliche Persönlichkeit, sein enger Kontakt zu den Entwicklern und die liberale, wenig autoritäre Nähe zu seinen Mitarbeitern sprechen in den Augen vieler für seine Besetzung als vielleicht wichtigster Mann hinter dem Milliardenkonzern. Stellt sich bloß die Frage, wie schnell die Brücke zum "Verkäufer aus Leidenschaft" Steve Ballmer geschlagen werden kann. Denn das Zusammenspiel dieser beiden, so scheint es, gegensätzlichen Pole wird von essentieller Bedeutung für den künftigen Erfolg sein.

Persönlich

Knowledge@Wharton hatte die Gelegenheit Ray Ozzie in seinem Büro in Redmond zu besuchen und ihm Fragen zur Zukunft seines Konzerns zu stellen.

(Anm.: Das ausführliche Interview im Original lesen Sie hier.)

Ozzies Ansicht nach gilt es für jedes erfolgreiche Unternehmen die "Züge zu rechten Zeit rollen zu lassen". Der Betriebssystem- und die Bürosoftware-Markt seien die absolut wichtigsten Geschäftsfelder für Microsoft, auch wenn die Serversparte "recht" schnell wächst. Diese beiden Kernbereiche müssen weiter innoviert werden, wenngleich man aufpassen muss, stets den Bedürfnissen der Anwender gerecht zu werden. Die Fortschritte im Hardware-Sektor eröffnen immer neue Möglichkeiten. Um Performance-Probleme zu lösen, müssen Software und Hardware-Entwickler enger zusammenarbeiten. Doch es gilt nichts zu überstürzen.

Nahtlos

Die Vernetzung von Online-Diensten und Desktop-Programmen sieht Ozzie als eine wesentliche Aufgabe dieser Innovationen. iPod/iTunes seien ein gutes Beispiel für eine derartige erfolgreiche Vernetzung, genauso wie BlackBerry oder die XBOX. Aber es heißt nicht, dass diese Verknüpfung einmal zwingend sein wird, so Ozzie. Es gibt auch weiterhin Platz für Standalone-Applikationen, als Browser- oder Desktop-Anwendung. Die Offenheit des Internets, etwa Applikationen auch kostenlos anbieten zu können, sieht er als "riesige Gelegenheit" für Microsoft. Für das Softwaregeschäft sehe er das Web im Gegensatz zu vielen anderen nicht als Bedrohung. Natürlich sei die im gewissen Maße dazu nötige Wandlung nicht leicht, aber machbar. (zw)