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Foto: Archiv
Vor 20 Jahren, am 2. April 1987, ging eine Ankündigung von IBM und Microsoft mit dem Titel "Microsoft-IBM OS/2 1.0" an die Öffentlichkeit. Diese Ankündigung wurde zu einem der Webbereiter der modernen Computergeschichte und sorgte im Nachhinein für großes Aufsehen.

"Kein Betriebssystem starb so oft"

OS/2 ist jenes Betriebssystem, das in der Computergeschicht wohl schon am häufigsten todgesagt wurde. Vor zehn Jahren schrieb ein OS/2-Anwender namens Roger Perkins in eine Newsgroup: "Here's to OS/2's 10th Anniversary on April 2nd! No OS has ever died so many times!."

Am Anfang stand der Horror

Die 16-bit, 1.x-Versionen von OS/2 wurden von Microsoft veröffentlicht und wurden zu einem Flop. Das Betriebssystem konnte sich nie durchsetzen und überzeugte einzig und alleine durch seine Fehler. Auch das grafische User-Interface verdiente nur eine Bezeichnung "abgrundtief hässlich". In vielen Berichten und Artikeln klafft eine große Lücke in der Zeit von 1992 bis 1997 in der Geschichte von OS/2. Und die IT-Historiker debattieren immer noch wie, was und warum OS/2 sich so entwickelt hatte. Als Microsoft OS/2 mitentwickelt hatte und dann auf Windows umstieg, floppte das Betriebssystem in den Händen von IBM - so oft die tradierte Geschichte. Doch ist es vielmehr eher so, dass sich OS/2 erst nach dem Ausstieg von Microsoft in eine akzeptable Richtung weiterentwickelte und es in dieser Zeit die meisten Verbesserungen gab.

Die goldenen Jahre

IBM hat sich seiner großen Chancen meist selbst beraubt. OS/2 wurde einerseits als die Lösung für jugendliche PrivatanwenderInnen beworben, andererseits sollte es den Ansprüchen der Firmenkunden, die ganz andere Anforderungen stellten, ebenso gerecht werden. Big Blue hatte fast zehn Jahre, bis zum Start von Windows NT Zeit, sein Betriebssystem zu etablieren, doch schaffte man den Durchbruch bei den HeimanwenderInnen nie.

Als IBM im April 1992, die neue Ära der 32-bit Version von OS/2 einläutete, war man weit vor Microsoft mit seinem 16-bit-Windows. OS/2 2.0 konnte im Gegensatz zu seinem direkten Konkurrenzprodukten wirkliche Multitasking-Anwendungen nutzen. Der grafische Desktop, die Workplace Shell, war gänzlich objekt-orientiert und verfolgte ein anderes Konzept als die Windows 3.1-AnwenderInnen kannten und nutzten. Nicht wenige heutzutage gängige AnwenderInnenkonzepte orientierten sich an den damaligen IBM-Entwicklungen.

"Warp"

Nachdem die EntwicklerInnen bei IBM mit OS/2 2.1 eine verbesserte und bereinigte Version des Betriebssystems veröffentlicht hatten, stand der nächste Schritt an. Diese Version wurde unter der Bezeichnung "Warp" (OS/2 3.0) bekannt. Endlich konnte IBM auch die Anforderungen an den Arbeitsspeicher, eine wesentlicher Grund warum die Vorgänger nicht von breitem Erfolg gekrönt waren, ausbessern. "Warp" benötigte 4MB RAM - acht MB wurden empfohlen - und brachte erstmals auch Multimedia, TCP/IP und einen Web-Browser. 1995 kamen mit "Warp Connect" auch weitere Funktionen dazu, so etwa LAN-Networking und File/Printer-Sharing.

Wie ein Blitz

Als Microsoft im gleichen Jahr mit Windows 95 startete folgte eine Marketing-Lawine, die wie ein Blitz einschlug. Vor allem die Hardware-Hersteller konnten "überzeugt" werden und sollten in Zukunft nur mehr ein Betriebssystem auf ihren Rechner vorinstalliert ausliefern. Selbst IBM war so geblendet, dass man auf seinen Aptiva-Rechnern neben OS/2 "Warp" auch Windows vorinstallierte. Auch in den Medien setzte ein Sprung in Richtung Windows ein. OS/2 wurde so oft für Tod erklärt, dass es wohl viele AnwenderInnen Jahre später verwunderte, dass es noch immer zu finden war.

Ein schrecklicher Fehler

Auf dem Höhepunkt des "OS/2-vs-Windows"-Krieges meinte der Journalist Nick Petreley: "Unter OS/2 liefen im letzten Jahr hunderte neuer Applikationen aber die Wirtschaftspresse hält immer noch den Mythos vom erfolgreichen Microsoft hoch und spricht von einem OS/2-Flop." IBM war dann wiederum selbst dafür zuständig sich das Genick zu brechen. Es wurden so viele Ressourcen am Höhepunkt des Konflikts zur Portierung von OS/2 von der x86-Plattform auf den PowerPC abgezogen, dass es am Ende gegen Microsoft an Ressourcen und Strategien fehlte.

Marketingfehler

Einem namentlich nicht genannten IBM-Mitarbeiter wird folgender Spruch, der exemplarisch für die misslungene Werbekampagne von Big Blue zu sehen ist, zugesprochen: "Ich werde OS/2 niemals promoten. Warum sollte ich jemandem sagen, dass er DB2 oder Oracle 7 unter OS/2 auf einer beigen Box laufen lassen kann, wenn ich ihn überzeugen kann einen RS/6000 zu kaufen? Mein Job ist es, Aix und RS/6000 zu verkaufen". Nach den folgenden logischen Niederlagen wurde OS/2 auch von oberster Stelle zu einem "ganz normalen IBM-Betriebssystem" degradiert und mehr und mehr zurückgedrängt.

Eine Vision

Mitte der 90er Jahre hatten John Soyring und einige andere IBM-MitarbeiterInnen eine Vision und wollten "ihrem" Betriebssystem wieder auf die Sprünge helfen. Doch der interne Kampf wurde erneut verloren und damit war auch das Ende von OS/2 eingeläutet. OS/2 Warp 4.0 war der letzte Desktop-Release und erschien im November 1996. Microsoft versetzte dem Konkurrenten dann mit NT 4.0 und seiner Win95/98 GUI den Todesstoß. IBMs Software-Abteilung wurde in "Network Computing" umbenannt und IBM gab das "Java und Network Computing"-Mantra aus. Auch die eigene "Lotus"-Abteilung sorgte mit der Entscheidung NT 4.0 zu unterstützen für das Ende.

Immer noch hier

Aber OS/2 ist immer noch nicht tot. Auch 2007 finden sich immer noch laufende Installationen. IBM hatte im Winter 2002 das Ende des Privatkundenvertriebs von OS/2 angekündigt. Geschäftskunden wurden weiterhin von IBM mit OS/2 beliefert. Dieser Kundendienst von IBM endete am 31. Dezember 2006. IBM riet seinen Kunden zu einem Umstieg auf Linux.

Keine 20 Jahre

Auch wenn man nun die 20 Jahre OS/2 feiert, ist für viele AnwenderInnen der wahre Geburtstag im April 1992 zu sehen. Eine große Gemeinde sieht in der historischen Entwicklung das Ende eines gelungenen Produkts durch Geldgier, Marketing- und Presse-Hypes. Doch einen Vorwurf haben auch diese AnwenderInnen gegenüber IBM; dass Big Blue den Kernel des Betriebsystems nie zur Open-Source erklärt hat.(red)