Der zu allem entschlossene König Leonidas (Gerard Butler) und seine 300 Spartaner, die gerade das machen, was man aus Asterix-Comics als "Schildkröte" kennt.

Kolumne von Hans Rauscher
Die "300" und die iranische Regierung (3.4.2007)

Foto: Warner

Wien – Unterwerfung kommt für einen echten Spartaner nicht infrage. Von Kindesbeinen an im Kriegshandwerk unterwiesen, wird er sich selbst einer Übermacht an Invasoren nicht beugen. Da jedoch Orakel und Ratsspruch gegen eine Kriegserklärung stehen, greift der heldenhafte Leonidas (Gerard Butler) zu einer Finte: Nicht mit offiziellen Truppen, sondern mit 300 Freiwilligen zieht der König von Sparta in den Kampf gegen die Heerscharen des Persers Xerxes, um bei den Thermopylen die entscheidende Schlacht zu schlagen.

Die sagenumwobene Begebenheit aus dem 5. Jahrhundert vor Christus wurde schon im Zuge der Sandalenfilmwelle der 60er-Jahre fürs Kino adaptiert (The 300 Spartans von Rudolph Maté). Die aktuelle Version, 300 von Zack Snyder, kommt mit dem Hinweis geadelt, dass die gleichnamige Comicvorlage von keinem Geringeren als Frank Miller (Sin City) stammt.

Man könnte also eine eindrückliche visuelle Erzählung erwarten, bildliche Verdichtungen, grafische Abstraktionen. Stattdessen regiert über weite Strecken digital animierter, mit entsättigten Farben übertünchter Antike-Kitsch. Man wähnt sich abwechselnd in einem Metal-Video, Softporno oder Neo-Sandalenepos, begleitet von Off-Musik in Form martialisch gequälter E-Gitarren oder als esoterischer Folkgesang.

Auftrainierte, verschwitzte Kerle in schwarzen Lederhotpants vollführen ihre Kampfhandlungen in Matrix-Manier (das heißt, Bewegungsabläufe werden in einer Mischung aus Zeitlupe- und Echtzeitaufnahmen sprunghaft rhythmisiert).

Dazu müssen Leonidas und die Seinen viel brüllen. Schließlich ist das alles ein einziger Ausnahmezustand: "Füüür Spartaaa!" (Das zu bewerkstelligen, ohne dabei sehr zu spucken, kann nicht einfach gewesen sein.)

Das große Schlachten

Der Film ist also unfreiwillig komisch. Außer, wenn er sich am Abschlachten weidet, an in Zeitlupe durch die Luft wirbelnden, abgeschlagenen Häuptern, an kunstvoll an einen ausladenden Baum gepinnten oder zu einem Wall aufgetürmten Leichen.

Dass man vor allem bei derlei großflächigen Bildern mitunter meint, die Nahtstellen zwischen Figuren und Digi-Hintergrund zu sehen, ist bei kolportierten, vergleichsweise sparsamen 65 Millionen Dollar Produktionsbudget nicht weiter überraschend. Dafür funktioniert 300 an den Kinokassen bisher prächtig: Weltweit hat er bereits über 300 Millionen Dollar eingespielt.

Der Iran hat im Übrigen bei den Vereinten Nationen gegen den Film protestiert. 300 diffamiere die Perser als Barbaren und sei antiiranische Propaganda. Tatsächlich verhehlt der Film seine Parteinahme für das sorgsam gedrillte spartanische Berufsheer nicht, das keine materiellen Interessen verteidigt, sondern natürlich bedingungslos für die Freiheit kämpft (und stirbt). Den gestählten ebenmäßigen Weißen stellt der Film dabei eine veritable Freak-Show gegenüber:

Aufseiten Xerxes, eines effeminierten selbst ernannten Halbgottes, kämpfen nicht nur Vertreter unterschiedlichster afroasiatischer Ethnien, in seinem Feldherrnlager pflegt man überdies – Gottseibeiuns! – vielseitige sexuelle Vorlieben. Die Ehre, das für kalkulierte Kampagne zu halten, sollte man Snyders Werk jedoch nicht angedeihen lassen.

300 ist in erster Linie ein plumper und ziemlich dummer Film. Und dagegen ist wohl auch die UNO machtlos. (Isabella Reicher/ DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2007)