Melbourne - Ein Dopingverdacht gegen den zurückgetretenen australischen Superstar Ian Thorpe überschattet das abschließende Wochenende der Schwimm-WM in Melbourne. Der Weltverband FINA bestätigte am Samstag offiziell, dass er den Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne angerufen hat, um einen auffälligen Test der australischen Anti-Doping-Behörde (ASADA) erneut auswerten zu lassen. Der Name des betroffenen Athleten wurde allerdings noch nicht genannt.

Der betroffene Athlet, laut Medienangaben Ian Thorpe, wurde laut ASADA-Geschäftsführer Richard Ings am Samstag verständigt. "So wie wir es verstehen, wird der betroffene Athlet im Lauf des morgigen Tages eine Pressekonferenz geben", meinte Ings. Der Name Thorpe fiel nicht.

Bei den betreffenden Proben wurden laut Ings unnatürlich hohe Werte von Testosteron und dem Luteinisierenden Hormon (LH) festgestellt. Beides sind natürliche, körpereigene Hormone. ASADA will in Zusammenarbeit mit dem Athleten klären, ob es für die erhöhten Werte "pathologische oder physiologische Gründe" gibt. "Der Athlet hat uns seine volle Unterstützung zugesichert, die Sache aufzuklären", erläuterte Ings.

Die Doping-Kontrollinstanz des Weltverbandes hatte die Probe als "abnormal" bezeichnet und daher eine neuerliche Kontrolle gefordert. Das Recht dazu könne in diesem Fall der CAS erteilen. Eine abnormale Probe sei allerdings von einer positiven Probe zu unterscheiden, betonte der FINA-Dopingexperte Andrew Pipe. "Ein abnormale Probe bedeutet nur, dass etwas gefunden worden ist. Wir wissen aber nicht, ob der betroffene Athlet womöglich eine Ausnahmegenehmigung hat."

Offiziell sei der Name des Athleten dem Weltverband nämlich nicht bekannt. "Wir kennen nur die Nummer", betonte Generalsekretär Cornel Marculescu vor mehr als 200 Journalisten, die sich in der Rod Laver Arena versammelt hatten, aber von den FINA-Funktionären zu diesem Thema kaum aufschlussreiche Antworten erhielten. "Wir kennen den Fall seit Mai", versicherte Marculescu. "Er ist kein ungewöhnlicher. Wir haben jährlich vier, fünf solcher Fälle, in denen wir Einspruch erheben." Wie den betroffenen Aktiven stehe es auch dem Weltverband zu, in Berufung zu gehen.

Der Betroffene selbst reagierte laut Angaben von Australiens Verbands-Generaldirektor Glenn Tasker ebenso geschockt auf die Anschuldigungen wie seine australischen Landsleute. Thorpe wollte nicht an die Öffentlichkeit gehen, hatte aber mit dem australischen Cheftrainer Alan Thompson telefoniert. "Der australische Schwimmsport steht hinter ihm. Wir werden alles Mögliche tun, um ihn zu unterstützen", versicherte Tasker. Sogar der australische Premierminister John Howard drückte öffentlich seine Unterstützung für Thorpe aus.

Thorpe hatte seine unvergleichliche Karriere im November überraschend für beendet erklärt. Der 24-jährige Nationalheld begründete seinen Rücktritt mit Motivationsproblemen, nachdem er zuvor von gesundheitlichen Problemen zurückgeworfen worden war. Seinen letzten großen Wettkampf hatte Thorpe bei Olympia 2004 in Athen bestritten. Der Australier ist fünffacher Olympiasieger und elffacher Weltmeister. In Einzelbewerben hatte der Kraul-Spezialist 13 Weltrekorde aufgestellt.

Bei der laufenden WM in Melbourne sind laut FINA-Angaben bisher 360 Dopingtests durchgeführt worden. Alle sind negativ ausgefallen. Der österreichische Bronzemedaillengewinner Markus Rogan war nur im Vorfeld in seinem Trainingsquartier in Rom einmal von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) kontrolliert worden. (APA)