Theater-an-der-Wien-Intendant Roland Geyer ist gerade dabei, das am Wochenende beginnende Osterklang-Festival vorzubereiten. Langfristig schwebt ihm für sein Stagione-Opernhaus eine Steigerung der Abonnenten vor.

Foto: Theater an der Wien / Priska Ketterer
... über infrastrukturelle Tücken des neuen Opernhauses und geplante Verbesserungen der Lage.


Wien – Jenes von Zeit zu Zeit über Medien heiter ablaufende Verbalmatch mit Staatsoperndirektor Ioan Holender nimmt für Roland Geyer, der dieses übrigens nicht begonnen hat, irgendwie schon Ausmaße eines aufgezwungenen Hobbys an, das er belustigt hinnimmt: "Was soll ich aktuell dazu sagen? Ich warte, was da wieder an Bonmots kommt, und werde dann entsprechend kommentieren. Herr Holender richtet sich ja jetzt neu aus, hat einen wichtigen Job in Catania übernommen – ich finde das gut, ich glaube, er kann Italienisch!"

Mag des Staatsoperndirektors regelmäßige Gehässigkeit dem Kollegen gegenüber im Schmerz begründet sein, das Theater an der Wien nicht bekommen zu haben, so wühlt sein Mantra-artig wiederholter Hinweis auf die "vielen Schließtage" im neuen Opernhaus allerdings zielsicher in einer schmerzhaften Intendantenwunde. Geyer sieht seine primäre Aufgabe zwar im "Abliefern von Qualität", was nur durch beachtlichen Probenaufwand zu leisten ist. Bislang ist ihm das auch mithilfe von Kapazitäten wie Dirigent Nikolaus Harnoncourt vorzüglich gelungen. Die Anzahl der Vorstellungen einer Produktion (im Durchschnitt drei bis fünf) ist aber ein Zeichen dafür, dass man einen sehr hohen Preis dafür zahlt, diese Qualität auch wirklich bieten zu können.

"Wir sind da in einer Aufbauphase und müssen die Zahl der Abonnenten erheblich steigern. Von 1000 will ich bis 2008 auf 3000 bis 4000 kommen, dann kann man bei einer Produktion acht bis zehn Vorstellungen schaffen. Beim Ansetzen moderner Werke muss man allerdings bedenken, dass sich in Wien für zeitgenössische Oper etwa 1000 Leute interessieren, mehr nicht. Das ist eine jahrelange Erfahrung. Man muss nur das Festival Wien Modern sehen, das an die 800 Generalpässe verkauft."

Stars würden den Kartenverkauf natürlich steigern. "Zu Goya mit Placido Domingo kamen zehn Prozent der Leute zu allen Vorstellungen! Superstar-Oper ist aber nicht mein Ziel, ich will mit Projektkonzepten anlocken. Und wenn man spekulativ annimmt, wir hätten 10.0000 Abos und könnten ein Stück dann vielleicht 15- bis 20-mal spielen, ergäbe sich das Problem: Da bräuchte man eine zweite und eine dritte Besetzung, wodurch die Qualität leiden würde, weil nicht mehr so geprobt werden könnte, wie ich mir das vorstelle. Ich habe ja auch bei Orchestern und Chor im Vertrag stehen, dass es keine Umbesetzungen geben darf."

Auch ein kleines Infrastrukturproblem ist allerdings hinderlich zugegen. "Das kleinere, hintere und denkmalgeschützte Eingangstor mit 2,5 Meter Lichte ist ein großes Problem, weil wir alles händisch einbringen müssen. Das kostet sehr viel Zeit und Geld. Da soll sich etwas verbessern. Am Denkmalschutz können wir zwar nichts ändern, aber wir planen, einen Lift einzubauen, um vom Lkw in der Lehárgasse die Bühnenbildteile auf Transportwagen hereinzufahren. Außerdem gibt es eine Behinderung zwischen Hinterbühne und Hauptbühne in Höhe von 7.80 Meter, die es unmöglich macht, mehrere Bühnenbilder zur gleichen Zeit im Theater zu verwenden. Ideal wäre: Wir proben eine zweite Oper zwischen den Vorstellungen einer laufenden Produktion. Das geht noch nicht."

Bis es so weit ist, stellt Geyer mitunter schon etwas ungehalten, aber bewusst die rhetorische Frage: "Wer sagt überhaupt, dass ein Haus 200-mal im Jahr spielen muss, wo steht das geschrieben? Ich will nahezu jeden Monat eine neue Produktion bieten!" Das war das angekündigte Konzept, und das jedenfalls werde auch erfüllt. Wobei: Konzerte wird es nicht mehr viele geben. Die laufen auch nicht gut, auch wenn man die Akustik des Hauses verbessert habe.

Alles zusammen ergibt jedenfalls die Empfindung, dass "die Aufbauarbeit schwerer ist als erwartet. Das Klangbogen-Konzept bei Konzerten lässt sich nicht auf eine normale Saison übertragen. Ich habe auch gedacht, dass sich das Theater an der Wien strukturell sofort auf den Spielbetrieb eines Opernhauses umstellen lässt. Das hat sich als Irrtum erwiesen – wir haben dafür zwei Jahre benötigt. Auch den Kartenverkauf stellen wir von Kalenderjahr auf Saisonprogramm um. Davon erwarte ich mir eine weitere Steigerung des Aboverkaufs." (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.3.2007)