Wien - Der Rechtspopulismus in Österreich "profitiert" laut Soziologen vom beschleunigten sozioökonomischen Wandel: Aus Arbeitslosigkeit, Leistungsdruck und Unsicherheit entstandene Angst, Frustration oder verletztes Gerechtigkeitsempfinden lassen Betroffene anfälliger für Rechtspopulismus werden - und zwar nicht nur die häufig beschworenen "Modernisierungsverlierer", sondern auch die "Aufsteiger". Das Versäumnis der Politik, auf diese Problematik einzugehen, hat der Studie zufolge den Erfolg der Rechtspopulisten in Österreich beflügelt.

Die etablierten Parteien und Interessenvertretungen hätten es bisher eher verabsäumt, die Probleme anzusprechen, "die sich aus der Immigration, dem Einpendeln ausländischer Arbeitskräfte oder der Verlagerung von Arbeitsplätzen ergeben", heißt es in der Studie der Soziologen Jörg Flecker, wissenschaftlicher Direktor der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA), und Sabine Kirschenhofer. Der Aufstieg des Rechtspopulismus verdanke seinen Erfolg einer "Lücke im politischen Angebot". Er sei daher nicht nur allein "den Künsten begnadeter Demagogen oder dumpfen Ressentiments und politischer Naivität geschuldet, sondern auch dem Umstand, dass er reale gesellschaftliche Probleme angesprochen und dabei politische Leerstellen besetzt hat."

Zusammenhang zwischen Umbrüchen in der Arbeitswelt und dem Aufstieg des Rechtspopulismus

Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen den Umbrüchen in der Arbeitswelt und dem Aufstieg des Rechtspopulismus in Österreich zu untersuchen. Die Autoren interviewten 32 Personen - darunter berufliche Aufsteiger, vom Abstieg Bedrohte sowie freiberufliche Personen mit prekären Arbeitsverhältnissen. Personen mit "geringer" und "hoher" Empfänglichkeit für Rechtspopulismus waren in der Untersuchungsgruppe gleichermaßen vertreten.

Die sozioökonomischen Veränderungen bringen den Studienautoren zufolge "tatsächlich die Problemlagen und jenen 'Angstrohstoff' hervor", die dem Rechtspopulismus wichtige Anknüpfungspunkte liefern. Allerdings könnten die Folgen des raschen Umbruchs des Erwerbslebens von den Betroffenen politisch "sowohl solidarisch-demokratisch als auch ausgrenzend-autoritär verarbeitet werden".

Ungerechtigkeit und Frustration

Die Neigung zum Rechtspopulismus ging bei den Befragten häufig einher mit Empfindungen von Ungerechtigkeit und Frustration, ausgelöst etwa durch Kündigungen, Frühpensionierungen oder verstärkte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. Sowohl unter den "Verlierern" als auch unter den "Gewinnern" sei das Leistungsprinzip häufig so stark verinnerlicht gewesen, dass andere Orientierungen oder Lebenskonzepte kaum akzeptiert würden. "Erlebte Unsicherheit und Gefühle der Machtlosigkeit gegenüber Entwicklungen im Unternehmen, auf dem Arbeitsmarkt und in der globalen Wirtschaft werden durch die Wahrnehmung verschärft, dass die politischen Vertreter keinen ausreichenden Schutz mehr gewährleisten", schreiben Flecker und Kirschenhofer. Auch ein wahrgenommener Mangel an Demokratie - etwa durch parteipolitische Machtmonopole bis zur "Günstlingswirtschaft" - erhöhe weiters die Attraktivität des Rechtspopulismus.

"Unsere Erhebung bestätigt die Bedeutung, die dem Mangel an Ausdrucksmöglichkeit für das Arbeitsleid, für Kränkungen und Gefährdungen durch Umbrüche in der Arbeitswelt und auch für Angst vor sozialer Isolation zukommt", so die Studienautoren. Flüchtlinge, Sozialhilfeempfänger und - gut verdienende - Politiker werden dabei schnell zu Sündenböcken. Die Frustration richte sich häufig gegen jene, die aus den Augen der Betroffenen bevorzugt behandelt werden. Die Autoren glauben daher, dass eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber "die Situation daher nicht nur für diese selbst deutlich verbessern, sondern auch zum Abbau des Feindbildes beitragen" könnte. (APA)