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Satellitengestützte Navigationssysteme (GPS, Global Positioning System) gibt es für Flugzeuge, Schiffe, Autos, Biker und zunehmend auch für Fußgänger. Auf dem jeweiligen Monitor des Navigationsgeräts wird dem Nutzer mittels digitaler Karten der Weg angezeigt oder per Sprachausgabe angesagt, wie er vom Ausgangs- zum Zielpunkt kommt. Eine feine Sache, besonders in einer Gegend, die man nicht kennt.

Nichts Neues

Seit Jahren wird auch an Navigationssystemen gearbeitet, die blinden oder sehbehinderten Menschen den Weg weisen können. Die Ansprüche sind für diese Gruppe natürlich andere als für sehende Menschen. "Die meisten Navigationssysteme sind nun einmal für den Autoverkehr ausgelegt. Mit der Angabe: 'Biegen Sie nach 50 Metern links ab', fängt ein Blinder nicht viel an", weiß Martin Mayrhofer aus eigener Erfahrung. Der Computerexperte arbeitet für die Wiener Firma Transdanubia, die seit 20 Jahren auf Technik für Blinde und Sehbehinderte spezialisiert ist. "Um eine bessere Vorstellung zu bekommen, brauchen Blinde andere Details wie: 'Überquere zwei Straßen und gehe dann nach rechts'", erzählt er.

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Er selbst hat auf seinem Nokia-Handy den Screenreader Talks installiert - "das ist auf allen Handys mit dem Symbian Betriebssystem Serie 60 möglich", betont Mayrhofer. Ein Screenreader ist ein "Bildschirmausleseprogramm", das mittels synthetischer Sprache dem blinden oder sehbehinderten Nutzer eines Handys all das vorliest, was am Display angezeigt wird. Als Navigationssoftware nutzt er "Wayfinder". "Seit ich das habe, bin ich der beliebteste Beifahrer bei uns in der Firma", sagt er.

Erhöhung der Lebensqualität

Der Einsatz von Navigationssystemen könnte die Lebensqualität von Blinden heben, ist Mayrhofer überzeugt. Spätestens in zehn Jahren würden sie ähnlich wie der Blindenstock zur Standardausrüstung von Blinden gehören. Allerdings müsste vieles noch verbessert werden. "Wünschenswert wäre etwa, wenn auch Angaben zu öffentlichen Verkehrsmitteln in die Berechnungen mit einbezogen würde", betont Mayrhofer.

Leichter gehen

In Turin wird etwa derzeit ein Handyservice getestet, der blinden Menschen die Navigation erleichtern soll. "Easy-Walk" ist ein Assistenzsystem, das GPS-Daten mit einer individuellen Betreuung am Telefon kombiniert. Über das Handy kann der Blinde seinen aktuellen Standort ermitteln lassen. Nutzer erhalten dabei auch Informationen zu Geschäften in ihrer Nähe. Auch kann sich der User vom Callcenter-Mitarbeiter lotsen lassen, der die Position des Blinden in Echtzeit auf dem Monitor verfolgen kann.

Mit Vorbehalt

"Die Leute sollten aber nicht zu hohe Erwartungen in derartige Systeme setzen", warnt Experte Mayrhofer. "Wer sich als Blinder nicht ohne Navigationssystem im Straßenverkehr bewegen kann, wird es auch mit nicht können." (Karin Tzschentke, derStandard / Printausgabe vom 24.3.2007)