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Das Wort Karriere habe sie für sich selbst nie benutzt – "es war immer mein Tun. Mich selbst nicht loszulassen, am Theater kein Kasperl zu werden, mich zu hüten vor Trends und keinen Blick auf die Quote zu werfen", sagt sie. Privates wie Berufliches sei bei ihr eine Einheit, sie trage Verantwortung sich selbst gegenüber. Erika Pluhar, Kammerschauspielerin, Sängerin und Autorin, war Anfang dieser Woche zu Gast bei der Siemens Academy of Life. "Seit ich in Pension bin", sagt sie, "arbeite ich mehr."

1999, zu ihrem 60. Geburtstag, ging sie quasi in Rente, verabschiedete sich mit Maxim Gorkis "Kinder der Sonne" endgültig vom Burgtheater. "Das hatte nichts mit Peymann zu tun", sagt sie heute, wenngleich die Tatsache, dass sie unter dessen Leitung kaum mehr besetzt wurde, diesen Prozess sicher beschleunigt habe. Zudem gebe es für ältere Frauen auch nicht ausreichend sowie entsprechende Rollen. Und zum hundertsten Mal den "Besuch der alten Dame" zu spielen sei nicht ihres gewesen, so Pluhar. Sie verlegte sich mehr aufs Singen und Schreiben – beides hatte sie zuvor schon mit ihrer schauspielerischen Tätigkeit verwoben. Anfang der 70er-Jahre interpretierte Pluhar Texte ihres zweiten Mannes André Heller, 1979 ging sie mit selbst geschriebenen Liedern erstmals auf Tournee. 1981 erschien Pluhars erstes Buch "Aus Tagebüchern" (Rowohlt) und 1991 ihr erster Roman "Als gehörte eins zum anderen. Eine Geschichte" (dtv). Zuletzt erschienen ist der Roman "Reich der Verluste" (DuMont).

"Bin ein Einzelgänger"

Vom Feuilleton heftig kritisiert, kletterten Pluhars Werke – so auch etwa "Als gehörte eins zum anderen" – die Bestsellerlisten hoch. Pluhar: "Zuschauer, Leser und Zuhörer hatte ich immer schon – und mein Tun hat dort auch Widerhall gefunden." In der "Szene" sei sie immer ein Outsider gewesen, auch der Wechsel vom Schauspielen in andere Arbeitsformen habe dies gezeigt. "Ich bin aber auch ein Einzelgänger. Das Für-mich-meinen-Weg-Gehen hat auch die Zugehörigkeit zu Gruppierungen einfach verhindert", so Pluhar recht trocken.

Grundsätzlich sei sie wider die Vermarktung – in welcher Richtung auch immer. Sie habe sich – auch gegen die Empfehlung guter Freunde, die meinten, sie würde sich damit nur selbst schaden – ganz bewusst aus der so genannten Seitenblicke-Gesellschaft zurückgezogen, sich auf "small ist beautiful" konzentriert. Sie baute ihr eigenes Management auf, produzierte selbst ihre Platten, schrieb weiter. Heute sehen viele ihre damalige Entscheidung positiv, nicht zuletzt habe sie aufgrund dessen heute noch die Rechte auf ihre Platten, grinst sie. Im Zentrum von Pluhars Schaffen stehe der Mensch, sie schreibe auch nur über elementar Erlebtes, sagt sie. Die Erfindung sei ihr wichtig, sie schaffe sich gerne Utopien.Überhaupt liege ihr das Entwerfen von Finsternis, ohne ein Gegenbild zu zeichnen, fern. Selbst in Zeiten größten persönlichen Verlustes sei es für ihr Weiterleben immer wichtig gewesen, lebendig zu sein, von Trauern bis Lachen alles zu tun – "alles, nur nicht verbittern". (Heidi Aichinger, DER STANDARD, Printausgabe 24./25.3.2007)