Salzburg/Eisenstadt/Kramsach – Von der Wertigkeit her sei die Absolvierung einer Fachschule "genau dasselbe" wie die Berufsausbildung in der Lehre, erklärt der Salzburger Landesschulinspektor für Berufsschulen, Franz Eisl. Die Abschlussprüfung an der Fachschule – ob technisch, kaufmännisch oder wirtschaftlich – "ersetzt den Lehrabschluss" in einem äquivalenten Lehrberuf und versichere den Dienstgebern die "gleiche Qualifikation und Einstufung wie bei Lehrabsolventen". Abseits dieser Formalitäten jedoch verweist Eisl auf einen signifikanten Unterschied: "Wenn wir zum Beispiel die Lehre zum Bürokaufmann mit dem Abschluss an der Handelsschule vergleichen, stellen wir fest: Die Handelsschule dauert nach der achten Schulstufe drei Jahre. Die ebenfalls dreijährige Lehre beginnt jedoch erst nach Abschluss der neunten Schulstufe." Manche Arbeitgeber sähen die kürzere Fachschulausbildung deshalb etwas kritischer.

"Für das duale System aus Lehre und Berufsschule spricht, dass die jungen Leute gleich in das Wirtschaftsleben integriert werden und die Ausbildung dadurch praxisbezogen ist", sagt Eisl. Durch die Option der Berufsreifeprüfung sei eine hohe Durchlässigkeit zu höheren Ausbildungen gewährleistet.

Alles auf einen Streich

Die Glasfachschule Kramsach in Tirol stellt ein Paradebeispiel für diese Durchlässigkeit dar. Sie umfasst die Berufsschule der Glaser, die in eine eher künstlerische Richtung führende Fachschule für Glas bearbeitende Berufe sowie die – mit beiden Abschlüssen zugänglichen – Aufbaulehrgänge zur Matura. Aufgrund dieser Tatsache darf sich die Glasfachschule sogar als HTL deklarieren. "Das ist wirklich etwas Besonderes", schwärmt Direktorin Ursula Pittl, deren Schule zusammen mit der Wirtschaftskammer auch die Meisterprüfung anbietet. Wer den Werkstoff Glas erst nach der Matura für sich entdeckt, dem steht ein Kolleg in zwei Ausrichtungen offen.

Im Vergleich zwischen Fachschule und Lehre obsiegt für die Leiterin der BHAK/ BHAS Eisenstadt, Helga Brosch, ihre Institution: "Unsere Abschlussprüfung hat einiges zu bieten", widerspricht sie der Meinung des Salzburger Berufsschulaufsehers Eisl. Für sie ist klar, dass "wer in eine Lehre will, nicht mehr in der Schule sitzen mag". Wenn ihr das problematische neunte Schuljahr Leute beschert, die "eigentlich Gärtner werden wollen und nur Zeit absitzen", überwiegt für Brosch der positive Aspekt: "Manche wachsen auch rein und sagen: Ok, das ist meine Schule." Oft sei die HAS auch erste Anlaufstelle, "wenn sich jemand die HAK nicht zutraut". Die Option zum späteren Wechsel bestehe aber auch hier. (Bernhard Madlener, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.7.2007)