Verstimmung bei den Nato-Partnern, Polemiken in Italien, Verärgerung beim afghanischen Präsidenten Hamid Karzai: Zwei Tage nach der Freilassung des Journalisten Daniele Mastrogiacomo aus der Geiselhaft der Taliban sieht sich die italienische Regierung wachsender Kritik ausgesetzt.

Die USA, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande haben die Haftentlassung von fünf Taliban-Kämpfern durch die Italiener, die der Freilassung Mastrogiacomos vorangegangen war, offen kritisiert: Dadurch würden die Taliban zu weiteren Entführungen ermutigt. Ein US-Vertreter beschwerte sich in Rom. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits bei ihrem Rom-Besuch vor zwei Tagen klar gemacht, dass Deutschland seinerseits nicht zu Verhandlungen über die Freilassung von zwei im Irak festgehaltenen Geiseln bereit sei.

Vermittler umstritten

Doch auch in der italienischen Regierung sind die Modalitäten der Geiselbefreiung keineswegs unumstritten. Verteidigungsminister Arturo Parisi hatte vergeblich auf einer Abstimmung mit den Nato-Partnern bestanden. Parisi ärgerte vor allem, dass Premier Romano Prodi die Verhandlungen der Hilfsorganisation Emergency überließ, die in Afghanistan drei Krankenhäuser betreibt. Der in Italien populäre Emergency-Chef Gino Strada, der US-Präsident George Bush schon mal mit Osama Bin Laden vergleicht, hatte jede Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst abgelehnt. Die Kontakte zu den Entführern stellten Mitarbeiter des Emergency-Krankenhauses in Lashkar Gah in der von den Taliban beherrschten Provinz Helmand her.

Dass der militante Pazifist Strada den befreiten Journalisten in seinem Krankenhaus medienwirksam in die Arme schließen konnte, löste im Verteidigungsministerium Verärgerung aus. Entsprechend groß war die Genugtuung bei jenen Grünen und Kommunisten, die den Verbleib der italienischen Soldaten in Afghanistan infrage stellen. Schon vor der Abstimmung am Dienstag steht fest, dass Premier Romano Prodi bei der Afghanistan-Debatte im Senat einmal mehr auf die Stimmen der Opposition angewiesen ist. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2007)