Wien – Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer haben das Auslaufen der Erbschaftssteuer per Ende Juli 2008 beschlossen. Doch der Streit um die Steuergerechtigkeit geht munter weiter. Nicht nur die Opposition schürt den Konflikt, auch innerhalb der SPÖ wollen Manche nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Noch unmittelbar bevor die Regierungsspitze ihre Erbschaftssteuer-Einigung verkündet hat, sei in der SPÖ „merkwürdigerweise“ an einem Reformmodell gearbeitet worden, wundert sich Finanzrechtler Werner Doralt. Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter akzeptiert zwar die Abmachung zwischen Gusenbauer und Molterer, nutzt aber öffentliche Auftritte wie die Fernsehsendung „Offen gesagt“ zur Stimmungsmache. Die ÖVP sei der „Schutzpatron der Millionenerben“. Reiche und Konzerne seien wirklich genug entlastet worden. Matznetter will unter anderem eine Art Schutzmodell für die Einkommenssteuer erarbeiten, die spätestens dann in Gefahr gerät, wenn vor dem Sommer auch die Schenkungssteuer fällt.
Der Zusammenhang: Schwarzgeschäfte könnten in Zukunft als Schenkungen „getarnt“ werden. Und Unternehmer könnten, in dem sie Vermögenswerte wie Firmenanteile innerhalb der Familie verschenken, massiv Einkommenssteuer sparen.
Einnahmenausfälle
Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller sagte zum STANDARD: „Ich mache mir Sorgen um die Einkommensteuer. Durch das Familiensplitting besteht schon die Gefahr, dass wir nach dem Fall der Schenkungssteuer mit kräftigeren Einnahmenausfällen rechnen müssen.“ Die AK und Steuerberater haben bereits kurz nach dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis gegen die Erbschaftssteuer vor der Erosion der Einkommenssteuer gewarnt. Ihr (rückläufiges) Aufkommen betrug 2006 rund 2,5 Milliarden Euro. Im Finanzministerium gibt es noch keinen Lösungsvorschlag. „Das müssen wir uns erst anschauen“, sagt Molterer-Sprecher Nikola Donig.