Thomas Zottl: "Der Bawag hätte nichts Schlimmerers passieren können, als von einer österreichischen Bank gekauft zu werden."

Foto: STANDARD/Hendrich
Sie wollen zwar viel Geld machen, aber auch "tolle Läden", argumentierte er gegenüber Renate Graber.

***

STANDARD: Sie vertreten bei Übernahmen Private-Equity-Fonds, besser bekannt als Heuschrecken. Ihre Kanzlei beriet den US-Fonds J. C. Flowers, der die Bawag nicht bekam. Dementsprechend sehen Sie kaum Probleme, wenn solche Fonds Unternehmen kaufen. Was können Heuschrecken?

Zottl: Im Unterschied zu strategischen Käufern sind die Finanzinvestoren, die Heuschrecken, reine Kapitalisten, die Geld investieren. Sie tun nichts anderes als Unternehmen kaufen und verkaufen. Die beherrschen ihr Geschäft.

STANDARD: Dass sie am Verkauf und schnellen Geld interessiert sind, wirft man ihnen ja vor.

Zottl: Am Beispiel Bawag: Da wurde gejammert, dass die Bank in ausländische Hand kommt und Fonds Arbeitsplätze vernichten. Das stimmt aber nicht: Der Bawag hätte nichts Schlimmerers passieren können, als von einer österreichischen Bank gekauft zu werden: Die hätte das Filialnetz gestrafft, Abteilungen zusammengelegt. Das Gute an den Private-Equity-Fonds ist, dass sie keine Synergien heben müssen. Sie haben sehr viel Geld, das investieren sie in den Kauf und, im Fall Bawag, in die Bank. Ihr Ziel ist, einen tollen Laden aus dem Unternehmen zu machen - und in fünf oder sieben Jahren zu verkaufen. Es ist eine Mär, dass die Fonds Unternehmen zerteilen oder aussaugen.

STANDARD: Kommt aber schon auch vor, wie wir beide wissen.

Zottl: Wenn ein Unternehmen saniert werden muss, dann ist es vorstellbar, dass der Fonds durchgreift und Jobs abbaut. Bei typischen Unternehmenskäufen ist es aber so, dass die Fonds Geld einschießen, um eine tolle Story draus zu machen. Sie setzen Berater ein, entwickeln Strategien, stellen also auch Smart Capital zur Verfügung.

STANDARD: Die tolle Story brauchen sie für den Ausstieg, der oft über die Börse erfolgt. Spätestens dann wollen die Fonds viel Geld machen.

Zottl: Die Fonds wollen keine Dividenden, sie wollen Wertzuwachs. Sie kaufen um hundert und haben den Plan, in fünf, sechs Jahren um 160 oder 200 zu verkaufen, haben also irrsinnig hohe Renditeerwartungen. Das Geld, das sie investieren, kommt ja aus Fonds, die milliardenschwer sind. Die Heuschrecken haben so gesehen einen hohen Investitionsdruck. Nehmen Sie wieder die Bawag und den "normalen" Aktionär ÖGB: Der hat jährlich Millionen an Dividenden aus der Bank geholt, sonst wäre er ja Pleite gegangen. Cerberus braucht das nicht.

STANDARD: Wie viel Geld müssen die Fonds rausbekommen, damit ihre Geldgeber zufrieden sind?

Zottl: Die Vorgaben liegen zwischen 16 und 22 Prozent im Jahr, wenn ein Fonds also 100 investiert, muss er nach einem Jahr 116 bis 122 herauskriegen. Das ist deshalb so hoch, weil es ja auch Investments gibt, die sich nicht rechnen. Das verdiente Geld geben sie dann ihren Sponsoren nach dem Ausstieg, also dem Exit, wieder zurück.

STANDARD: Immer öfter erfolgt der Exit aber so, dass ein Fonds verkauft an den nächsten.

Zottl: Ja, diese Secondary Buyouts sind ein Zeichen der Zeit: Die strategischen Käufer trauen sich so große Übernahmen nicht mehr zu, und wenn ein Börsengang nicht möglich ist, verkauft dann eben eine Heuschrecke an die nächste. Da sehe ich eine Gefahr, weil so auch die Renditevorstellungen immer mehr in die Höhe getrieben werden. Es wäre wünschenswert, wenn es mehr strategische Käufer gäbe - oder aktivere Börsen.

STANDARD: Wenn Heuschrecken so gute Aktionäre sind, wie Sie glauben: Warum ist dann ihr Ruf so schlecht?

Zottl: Niemand, der so viel Geld hat - und Fonds haben mehr als man sich vorstellen kann - kommt gut drüber. Bei der Kritik ist viel Polemik dabei, für Politiker etwa ist es sehr leicht, Kleingeld herauszuschlagen. In der globalisierten Welt ist es einfach ein Faktum, dass Heuschrecken am Markt sind und unheimliche Macht haben. Dem kann man sich positiv und konstruktiv stellen, oder eben nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.3.2007)