Christoph Klein, AK-Sozialexperte.

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STANDARD: Wer ist schuld am Facharbeitermangel?

Klein: Die Wirtschaft hat in 20 Jahren 50.000 Lehrstellen abgebaut. Es veralten Qualifikationen. Aber verglichen mit Skandinavien haben wir die halbe Weiterbildungszeit pro Arbeitnehmer. Es war ein Fehler, Lehrlingsstiftungen im Jahr 2000 abzuschaffen. Im Regierungsprogramm ist erfreulicherweise wieder ein Ausbildungsangebot bis zum Lehrabschluss vorgesehen. Das AMS ist außerdem zu sehr dem Aktivierungsdogma – mit den berüchtigten Kursen à la "Wie bewerbe ich mich richtig" und dann dem Vermitteln auf Teufel komm raus – gefolgt. Da wurde zu wenig auf echte Qualifizierung wie die Facharbeiter-Intensivausbildungen gesetzt.

STANDARD: Was kann man tun gegen das Imageproblem der Lehre?

Klein: Bloße Imagepflege würde den Andrang erhöhen, während jetzt schon das Angebot vor allem in den Zukunftsberufen zu gering ist. Was man tun kann, ist die positive Seite der Lehre fördern: etwa durch die Erhöhung der Durchlässigkeit, indem die Lehre besser auf die Berufsmatura angerechnet wird, indem man in verwandte Berufe wechseln kann. STANDARD: Wie kann man Unternehmen dazu bringen, mehr auszubilden?

Klein: Sicherstellen, dass die Lehrstellensuchenden mit guten Grundkenntnissen aus der Schule kommen. Auch braucht es mehr Gerechtigkeit zwischen Unternehmen: Betrieben, die um viel Geld ausbilden, werden oft von anderen, die sparen, die besten Absolventen abgeworben. Die Blum-Prämie ist jetzt eine Gießkanne mit irrwitzigen Mitnahmeeffekten. Das muss zielgerichteter werden, die Gießkanne muss weg.

STANDARD: Was läuft im Schulsystem falsch?

Klein: Es wird zu sehr auf bloße Wissensvermittlung gesetzt und zu wenig auf die Fähigkeit, Problemlösungen zu erarbeiten. Zielgerichtete Förderung Schwächerer brächte mehr als das sture Wiederholen einer ganzen Schulstufe. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.3.2007)