Koalitionspartner Gusenbauer, Molterer: Wer von beiden mehr Grund zum Lächeln hat, werde sich in den nächsten Wochen weisen, meinen Politologen. Die ÖVP etabliere sich jedenfalls immer mehr als „Veto-Macht“ in der Regierung.

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Kein Ende der koalitionären Zwistigkeiten: Ob Erbschaftssteuer oder Klimaschutz – die rot-schwarze Zusammenarbeit funktioniert alles andere als reibungslos. Die SPÖ sagt, sie gebe der ÖVP nicht ständig nach, sondern sei „lösungsorientiert“. Politologen sind skeptisch.

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Wien – Viel Freude wird die Bundes-SPÖ mit dem neuen Slogan ihrer Wiener Parteifreunde nicht haben. Kaum ist der Wirbel um die Nun-doch-Abschaffung der Erbschaftssteuer verklungen, plakatiert die mächtige Stadtpartei wie zu Fleiß: „Wien hält, was es verspricht“. Außerdem sollen 2000 Parteigänger im April ausschwärmen und in 30.000 Gesprächen mit „Kommunikatoren“ Stimmung für die SPÖ machen. Sicher ist: Auch da wird wohl die Arbeit der Bundes-SPÖ im Zentrum stehen.

Zwar pflege die Mehrheit der Wähler im Augenblick „hauptsächlich Desinteresse gegenüber der Politik“, wie der Politologe Peter Filzmaier sagt – doch das „interessierte Fachpublikum“ verfolge das Zusammenspiel von SPÖ und ÖVP sehr kritisch. Nicht erst seit dem Scharmützel um die Erbschaftssteuer erscheine die SPÖ „bis zu einem gewissen Grad durch die ÖVP erpressbar“ (Filzmaier). Sein Kollege Fritz Plasser geht noch einen Schritt weiter: „Die ÖVP hat sich als Veto-Macht in der Regierung etabliert.“

"Nichts geht"-Politik

Diesen Eindruck hat wohl auch manch roter Stratege. Etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina, der den Koalitionspartner recht unverhohlen warnt: „Wenn die ÖVP, angetrieben von wem auch immer, auf eine „Nichts geht“-Politik setzt, wird ihr das massiv schaden.“ Kalina zielt damit auf die jüngsten Differenzen zum Thema „Klimagipfel“, den Kanzler Alfred Gusenbauer via Österreich ankündigte, was ÖVP-Umweltminister Josef Pröll prompt „gegenüber Gipfeln und Pöstchen skeptisch“ werden ließ.

Dass die ÖVP alle strittigen Fragen schnell zur Koalitionsfrage stilisiert und sich so am Ende durchsetzt, sei „noch kein Problem mit Breitenwirkung“, meint Filzmaier. Doch die SPÖ habe ein „Glaubwürdigkeitsproblem bei den Meinungsführern“ – und dieses könne sich am Ende doch negativ auswirken. Fritz Plasser meint, die SPÖ sei wohl auch deshalb in vielen Fragen nachgiebig, „weil Gusenbauer aus der schwierigen Startphase endlich heraus muss“.

"Beachtliches"

Kalina sieht weder eine schwierige Startphase noch SPÖ-„Umfaller“: „Wir sind an Lösungen orientiert, nichts anderes wollen die Menschen von uns.“ Das behauptet auch ÖVP-Pendant Hannes Missethon von seiner Partei. Die Regierung habe schon in den ersten beiden Monaten „Beachtliches“ vorgelegt, meint er. „Das Doppel-Sparbudget und die Entlastung der Häuselbauer durch das Auslaufen der Erbschaftssteuer“ – beides wohl nur zufällig Erfolge von ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer. (Peter Mayr Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe 16.3.2007)