Foto: City Slang/Edel

AIR
Pocket Symphony
(Virgin/EMI)
Auch die neue Arbeit der französischen Edelmänner und Synthesizerpathetiker JB Dunckel und Nicolas Godin klingt nach ihrem Produktionsjob für Charlotte Gainsbourg (5:55) wieder so, als ob das Duo aus Versailles Umgang mit Dienstboten gewohnt wäre. Godin studierte jüngst das japanische Saiteninstrument Koto und bringt es in diese teuer und verschwenderisch, aber auch dekadent und morbid klingenden Soundlandschaften ein. Als Gäste mit dabei: Jarvis Cocker (Ex-Pulp) und Neil Hannon (The Divine Comedy). Edel sei der Mensch. Na gut. Musik für die Beschallung von Designershops und schicken Asia-Food-Hütten: "Somewhere between waking and sleeping".

MIKA
Life In Cartoon Motion
(Universal)
Der junge, aus dem Libanon stammende Brite mausert sich mit seiner Debütsingle Grace Kelly und dem jetzt veröffentlichten Album Life In Cartoon Motion zum logischen (und lebensfroheren wie unzynischeren) Nachfolger des von Drogen, Ennui und dazugehöriger Depression gebeutelten Robbie Williams. Stilistisch bildet MIKA eine unwiderstehliche Formatradio-Schnittmenge aus Elton John, Freddie Mercury, den BeeGees und den Scissor Sisters. Hier wird glückselig im Falsett der gute alte Pop angerufen, dass die Schwarte kracht. Wir sehen schon, der sympathische Mann wird demnächst ganz groß werden.

DIVERSE INTERPRETEN
Songs For The Young At Heart
(City Slang/Edel)
Sänger Stuart Staples und Keyboarder Dave Boulter von den dunklen britischen Romantikern Tindersticks haben befreundete Künstler eingeladen, um ihre liebsten Kinderlieder neu zu interpretieren. Als Zielpublikum wählte man sich mit diesen subtilen, fein arrangierten Songs aus dem angloamerikanischen Funk und Fernsehen der 60er- und 70er-Jahre allerdings nicht die lieben Kleinen, sondern die junggebliebenen Erwachsenen. So singt Bonnie Prince Billy gemeinsam mit dem französischen Blues-Exzentriker Red Puff, The Magic Dragon, Robert Forster von den Go-Betweens stimmt Uncle Sigmund's Clockwork Storybook an, Jarvis Cocker erzählt das Märchen The Lion & Albert - und die Tindersticks selbst sichten die TV-Titelmelodie von Robinson Crusoe. Ein berührendes Album.

DAVID VANDERVELDE
The Moonstation House Band
(Secretly Canadian/Trost)
Der junge Multiinstrumentalist aus Chicago stellt gemeinsam mit Becks Vater, dem Arrangeur David Campbell, der auch schon für Elton John, Leonard Cohen oder Willie Nelson die Streicher ordnete, weitgehend im Alleingang das Glamrock-Schaffen von Marc Bolan und David Bowie nach. Selbstverständlich ist diese Kunst keine originäre. Die Neudeutung eines historischen Stils gelingt Vandervelde allerdings recht einnehmend.

THE FALL Reformation Post TLC (Slogan Records) Mark E. Smith hält derzeit beim 52. Lineup seiner Band seit Mitte der 70er-Jahre: "It think it's over now, I think it's ending. I think it's over now, I think it's beginning..." Mit neuen US-Begleitmusikern geraten ihm die 14 Songs neben üblichen repetitiven Grundmustern, gesundheitlich angegriffenem Beschwerdeton und quälenden Krautrock-Exerzitien dieses Mal dementsprechend rockiger als auf den letzten beiden (sehr guten) Alben. Als obligate Coverversion wählte der jetzt im März 50-jährige Altpunk White Line Fever von Country-Rabiatperle Merle Haggard. Krank, kaputt, menschenfeindlich: guter Mann! (Christian Schachinger / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.3.2007)