Hannover - Während Deutsche Telekom-Chef Ron Sommer die Kosten für die lang ersehnte Eintrittskarte in den US-Telekommarkt von rund 106 Mrd. DM (54,2 Mrd. Euro/746 Mrd. S) vehement verteidigt, spricht die Börse ein anderes Urteil über Sommers neuesten Coup. Die Aktie des Telefonriesen ging am Montag auf Tauchstation. Denn selbst in der an Superlative gewöhnten Telekommunikationsbranche scheint der Preis astronomisch. Für den Erwerb des mit rund 2,4 Millionen Kunden siebtgrößten US-Mobilfunkanbieters, der 1999 einen Verlust von 454,7 Mill. Dollar (487,2 Mill. Euro/6,7 Mrd. S) bei einem Umsatz von 475 Mill. Dollar machte, überlässt Sommer den VoiceStream-Aktionären fasst ein Viertel der Telekom-Aktien und legt noch 13,3 Mrd. DM in Bar drauf. Mit rund 20.000 Dollar je Kunden bezahlt die Telekom fast doppelt so viel wie die France Telecom vor zwei Monaten bei der Übernahme des außerordentlich erfolgreichen britischen Mobilfunkbetreibers Orange. Sehr hoher Preis Der Preis sei "außerordentlich hoch", kritisierte deshalb der Analyst Jörg Natrop von der WGZ-Bank. Und die Entwicklung des Börsenkurses belegte, dass er mit der Meinung nicht alleine war. Doch müssen die Skeptiker nicht das letzte Wort haben. Denn die Berechnung eines Unternehmenswertes ist in der explosionartig wachsenden Telekommunikationsbranche so schwer wie in kaum einer anderen Sparte. Der amerikanische Mobilfunk-Markt hinkt um Jahre hinter Europa hinterher. Unterschiedliche Funkstandards und das Fehlen flächendeckender Netze haben dort bisher einen Mobilfunk-Boom wie in Europa verhindert. VoiceStream ist der einzige US-Mobilfunkbetreiber, der über ein fast landesweites Netz nach dem weltweit führenden GSM-Standard verfügt. Das gibt dem Konzern ein enormes Wachstumspotenzial. Das Unternehmen kann in 23 der 25 wichtigsten US-Märkte auf die Jagd nach fast 220 Millionen potenziellen Kunden gehen. "Kundenzugang ist entscheidend" So macht Ron Sommer eine ganz andere Rechnung auf als die Kritiker: die Telekom zahle nur 265 Dollar für jeden potenziellen VoiceStream-Kunden. Der britische Mobilfunker Vodafone habe dagegen bei der Übernahme des US-Mobilfunkanbieters AirTouch knapp 340 Dollar und bei der Mannesmann-Übernahme sogar rund 930 Dollar pro potenziellem Kunden bezahlt, France Telecom bei der Orange-Übernahme rund 675 Dollar. "Der Kundenzugang ist die entscheidende Kennziffer", betont Sommer. Kai-Uwe Ricke, der Vorstandsvorsitzende von T-Mobil International, ist nicht weniger optimistisch als sein Chef: "Wir steigen zum richtigen Zeitpunkt in den richtigen Markt ein, kurz bevor nach allgemeiner Ansicht dort ein großer Wachstumsschub einsetzen wird, von dem wir profitieren wollen." Schließlich hätten die USA nicht nur einen Nachholbedarf in Sachen Mobilfunk, auch die Datenübertragung via Mobilfunk werde dank der neuen Übertragungstechniken auf dem weltgrößten Telekommunikationsmarkt einen beispiellosen Aufschwung erleben. (APA/AP)