Peking - Die chinesischen Behörden haben die Festnahme von Rädelsführern gewalttätiger Demonstrationen in Zentralchina vom vergangenen Freitag bekannt gegeben. Die Polizei habe die Verantwortlichen gefasst, meldete die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf einen Sprecher der Provinzregierung von Hunan. Die Unruhen unter Beteiligung von rund 20.000 aufgebrachten Menschen waren nach Berichten von Augenzeugen ausgebrochen, nachdem ein Angestellter einer Busgesellschaft in der Stadt Yongzhou einen Schüler schlug, der sich weigerte, einen Gepäckszuschlag in Höhe von fünf Yuan (48 Eurocent) zu zahlen.

Die Lage war bereits zuvor gespannt, weil die Buspreise zum chinesischen Mondneujahr am 18. Februar verdreifacht worden waren. Bei den Protesten war ein Dutzend Menschen verletzt worden, mehrere Busse und Polizeifahrzeuge wurden zerstört. Die örtlichen Behörden nahmen die Preiserhöhungen mittlerweile zurück und kündigten Ermittlungen gegen die Busgesellschaft wegen Missmanagements an.

87.000 Störungen

In China mehren sich die Berichte über soziale Unruhen. Im vergangenen Jahr hatte das Staatssicherheitsministerium 87.000 "Störungen der öffentlichen Ordnung, Widerstandshandlungen gegen die Staatsgewalt, Pöbeleien und Unruhestiftung" registriert. Immer stärker ist in den vergangenen Jahren das Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land, zwischen den reichen Küstenregionen mit ihren "Sonderwirtschaftszonen" im Osten und dem armen Landesinneren gewachsen. Die Landbevölkerung stöhnt unter korrupten Funktionären.

Millionen Bauern haben durch Enteignungen zum Vorteil von Industrie- und Wohnanlagen ihr Land verloren, die meisten erhielten nur geringe Entschädigung. Nach mehr als zwei Jahrzehnten marktwirtschaftlicher Reformen entwickelt sich sozialen Zündstoff. Die Akademie der Wissenschaften in Peking warnte, die gesellschaftlichen Unterschiede in der Volksrepublik erreichten "fast lateinamerikanische Ausmaße". Da sich der kommunistische Staat immer mehr aus der Verantwortung verabschiedet und das alte soziale Netz zerschnitten hat, fallen viele Menschen zurück in die Bedürftigkeit.(APA/AFP)