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Doris Bures beim so genannten "Open House" im Bundeskanzleramt am 8. März

Foto: APA/Gindl
Schön, dass der Standard den Frauentag heuer auf so vielen Seiten gefeiert hat.

Weniger zum Feiern: Die neue Bundesregierung hat uns nicht mal - wie in einem Kommentar gestern zu lesen war - ein Frauenministerium geschenkt. Nein, Doris Bures ist - laut der Entschließung des Bundespräsidenten BGBl II 49/2007, ausgegeben am 1. März 2007, laut Artikel 77 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes lediglich Ministerin im Bundeskanzleramt, die mit der Koordination der Frauenpolitik (neben dem öffentlichen Dienst und Medienangelegenheiten) betraut ist.

Das heißt: Sie hat keine eigene Personal- und Organisationshoheit, und auch kein eigenes Budget. Ohne gutes Einvernehmen mit dem Kanzler bzw dessen budget- und personalverantwortlichen BeamtInnen kann sie keine Leute aufnehmen, keine neuen Organisationsstrukturen einführen (zum Beispiel neue Abteilungen schaffen, Abteilungen neu organisieren, etc).

Ihre Ausgaben laufen über den allgemeinen Topf des Bundeskanzleramtes und ihre finanziellen Ansprüche muss der Kanzler bei den Budgetverhandlungen berücksichtigen und allenfalls vertreten (wenn er's tut).

Leiser Auftritt

Wen wundert's da, dass die Frau Ministerin leise auftritt: Als die Teilnehmerinnen der Frauentags-Demo vor dem Kanzleramt ihr Erscheinen in Sprechchören forderten, hielt sie sich - als Gegnerin lauter Auftritte - lieber hinter der barocken Fassade des ehrwürdigen Palais. Schon richtig: Die Teilnehmerinnen an dieser Demonstration vertreten einen radikalen und oft unbequemen Flügel der Frauenbewegung - nur wenn wir Frauen schon anfangen einander auszugrenzen, was erwarten wir dann von den Männern?

Hätten wir immer nur innerhalb kleinlicher Organisationsgrenzen agiert, immer den bequemeren und leiseren Weg gewählt, dürften wir wahrscheinlich heute noch nicht zur Wahl gehen, wäre - wie ohnehin bis 1975 - der Mann immer noch das Oberhaupt der Familie und würden wir den Schwangerschaftsabbruch entweder mit dem Leben oder zumindest schwer wiegenden gesundheitlichen Folgen (aufgrund der hygienischen Verhältnisse in der Illegalität) oder mit einem Gefängnisaufenthalt büßen.

Grenzüberschreitungen

Faktum ist: Das 167-Seiten starke Regierungsprogramm enthält grad mal drei Seiten zur Frauenpolitik - aber die Initiativen der Frauenministerin sind - trotz aller Begrenztheit ihrer Ressourcen - nicht auf das Regierungsprogramm und hoffentlich auch nicht auf die dort genannten "Attraktivierungsmaßnahmen" beschränkt: Wirksame Frauenpolitik sollte auch und gerade jenseits der eher nebulosen Sprechblasen des Regierungsprogramms statt finden.

Anhaltspunkte für solche Grenzüberschreitungen: Absicherung einer eigenständigen ökonomischen Existenz aller Frauen (Grundsicherung, eigene Pensionsansprüche), Absicherung der Durchführung der Fristenlösung (Stichwort Schutzzonen vor den Ambulatorien), Legalisierung und Absicherung der Migrantinnen, und vieles, vieles mehr.

Daher: Reden wir darüber! Gemeinsam wird uns mehr einfallen und und können wir auch stärker auftreten:

Johanna Dohnal hat das seinerzeit schon gewusst, und sich regelmäßig mit Vertreterinnen aller Richtungen der Frauenbewegung zusammen- und auch auseinandergesetzt. Mehr als 25 Jahre danach sind wir doch sicher weiter, oder?

Dr.in Brigitte Hornyik, Verfassungsjuristin in Wien

(D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13.3. 2007)