Mustafa Kemal Atatürk, Staatsgründer der Türkei, wird bis heute von vielen als "Vater der Türken" verehrt. Wie sensibel manche seiner Anhänger bei diesem Thema sind, weiß offensichtlich auch "Stavreatos", ein griechischer Nutzer der beliebten Videotausch-Website YouTube : Er veröffentlichte vor wenigen Tagen einen halbminütigen Clip, auf dem Atatürk mit rosa Wangen dargestellt wird und verkündet: "Ich bin der Vater der schwulen Türken."

Kritik

Die - wohl als solches gedachte - Beleidigung löste wüste Beschimpfungen und zehntausende Protestbotschaften von türkischen Youtube-Besuchern aus. Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Cyber-Krieg zwischen den langjährigen Erzfeinden Türkei und Griechenland am Mittwoch: Auf Anordnung eines Istanbuler Gerichts sperrte die türkische Telekom den Zugang zu YouTube aus der Türkei. Nicht so recht auszumachen ist allerdings, welche Seite mit den Beschimpfungen angefangen hat. Dass "Stavreatos" Atatürk lächerlich machte, war offenbar eine Reaktion auf türkische Clips bei YouTube, mit denen seit Jänner Hohn und Spott über die angeblich "schwulen Griechen" ausgeschüttet wurde. Zumindest in ihrem Machismo sind die nationalistischen Heisssporne in beiden Ländern vereint: Beide empfinden das Etikett "homosexuell" als schwerste Demütigung.

Auseinandersetzung

Rund 220.000 Protestbotschaften seien nach dem Werk von "Stavreatos" bei YouTube eingegangen, meldeten türkische Zeitungen. Einige Medien in der Türkei riefen ihre Leser und Zuschauer auf, sich an den Protesten zu beteiligen, und veröffentlichten sogar englischsprachige Muster-Briefe, die an YouTube geschickt werden sollten. Doch auch die Amateur-Videoproduzenten in der Türkei blieben nicht untätig. Sie veröffentlichten auf YouTube Hassbotschaften an "Stavreatos", der mitunter sogar mit dem Tod bedroht wurde. Der ausgestreckte Mittelfinger war eines der Haupt-Stilmittel bei den türkischen Beiträgen.

Sperre

Der Streit auf YouTube rief bald die türkischen Behörden auf den Plan: Die Beleidigung von Atatürk ist in der Türkei strafbar. Auf Antrag eines Staatsanwalts entschied ein Istanbuler Gericht deshalb, dass türkische Computernutzer vom Anblick des Staatsgründers mit rosa Wangen geschützt werden müssten. Er ordnete die Sperrung von YouTube in der Türkei an, eine Maßnahme, auf die türkische Gerichte auch bei Websites der kurdischen Rebellengruppe PKK (Kurdische Arbeiterpartei) zurückgreifen.

Wie lange die Türken auf YouTube verzichten müssen, stand am Mittwoch nicht fest. Das Unternehmen hatte schon am Dienstagabend erklärt, der Atatürk-Beitrag sei aus dem Programm genommen worden und werde auch nicht mehr gezeigt. Die türkischen Behörden sind aber misstrauisch, weil "Stavreatos" schon einmal von YouTube die Rote Karte bekam und kurz darauf unter leicht verändertem Namen doch wieder seine rosa Atatürk-Version platzierte. Das YouTube-Verbot ist in der Türkei umstritten. Teilnehmer von Internetforen begrüßten am Mittwoch die Entscheidung des Tribunals. Dagegen meinte der fürs Internet zuständige Redakteur der Tageszeitung "Radikal", Serdar Kuzuloglu, das Verbot sei "Quatsch". (APA)