Brüssel – Noch steuerfreies Kerosin verbrennend, aber doch auf einer Wolke der Zuversicht schwebend, war Alfred Gusenbauer am Donnerstag zu seinem ersten EU-Gipfel als österreichischer Bundeskanzler in Brüssel gelandet. "Wenn wir die Abflugzeit erreichen", so versicherte der Kanzler am Morgen noch in Wien, werde sich seine Nervosität legen. In Brüssel selbst schien sich der Kanzler im Gewirr von Journalisten und Kameras, Sicherheitsleuten und Politikerkollegen recht wohl zu fühlen. Ob Gusenbauer den Rekord von Wolfgang Schüssel brechen wird, der auf 28 Gipfeltreffen Österreich als Außenminister und Bundeskanzler vertrat, ist noch unklar. Die neun Gipfelbesuche von Franz Vranitzky und die zwölf von Viktor Klima scheinen jedenfalls in Reichweite.

Hoffen auf Sarkozy

Ein Gipfelveteran nimmt jedenfalls diesmal Abschied: Jacques Chirac wird sein Präsidentenamt an Nicolas Sarkozy oder Ségolène Royal abgeben, einer der beiden wird Frankreich dann im Juni beim nächsten formellen Gipfel vertreten. Wobei die meisten Diplomaten in Brüssel auf Sarkozy hoffen, da er im Gegensatz zu Royal keine neue Volksabstimmung für die Verfassung versprochen hat. "Falls Royal die Wahl gewinnt, wird die Verfassungsfrage fast unlösbar," meinte ein politischer Analyst. Chirac selbst wirkte bei den letzten Treffen bereits ein wenig gipfelmüde und gereizt: Als der französische Chef der internationalen Industriellenvereinigung auf Englisch das Wort ergriff, verließ Chirac wütend den Saal. Auch für Großbritanniens Premier Tony Blair könnte es bereits der letzte Gipfel in Brüssel sein: Manche Beobachter gehen davon aus, dass er sein Amt bereits im Mai an Gordon Brown übergibt. Sonst würde es erst im Juni für Blair so weit sein, Abschied von der Brüsseler Bühne zu nehmen. (mimo, mab, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.3.2007)