Debatte
Das Eigentor mit der Gratisversicherung
Von Lydia Ninz
Mit der von Arbeitsminister Martin Bartenstein angezettelten Diskussion,
die Gratismitversicherung für nichtberufstätige EhepartnerInnen
einzuschränken, hat sich die schwarz-blaue Koalitionsregierung ein
doppeltes Eigentor geschossen: ein frauenpolitisches und ein
budgetpolitisches.
Derzeit sind alle nichtberufstätigen Frauen (Männer) bei ihren
Ehemännern (Ehefrauen) automatisch und gratis mitversichert. Der/Die
berufstätige EhepartnerIn muss also keine Groschen mehr in die
Krankenversicherung einzahlen, nur weil auch sein/ihr daheimgebliebener
Ehegespons im Krankheitsfall voll medizinisch versorgt wird. Wer zahlt
dafür? Praktisch alle, die in die Krankenversicherung einzahlen müssen,
also alle berufstätigen Frauen und Männer sowie alle Unternehmen. Die
Kassiererin vom Billa muss also auch für die kranke Gattin des Herrn
Generaldirektors herhalten.
Das zu ändern, klingt fürs Erste gar nicht schlecht. Wer möchte, dass
sein/ihre nichtberufstätige/r EhepartnerIn krankenversichert ist, soll
gefälligst auch entsprechend mehr einzahlen, lautet das Änderungsmotto
von Bartenstein. Der Herr Generaldirektor soll für seine Gefährtin halt
tiefer in die Tasche greifen.
Aus Sicht der berufstätigen Frauen und Mütter wäre das gut. Diese Gruppe
muss sich ohnehin die Krankenversicherung selber zahlen, für sie ändert
sich gar nichts. Ebenso positiv: Der Wegfall der Gratis-Mitversicherung
könnte sich sogar zu einem Anreiz für mehr Erwerbsarbeit von Frauen
entwickeln.
Das "Problem" sind die nichtberufstätigen Mütter, für die sich gerade
diese schwarz-blaue Koalition sonst so überdurchschnittlich engagiert
(Stichwort Kinderbetreuungsgeld). Mit der Idee, auch den
daheimgebliebenen Müttern die Gratisversicherung zu streichen, treibt
VP-Minister Bartenstein eine Kluft ausgerechnet zwischen jene Mütter,
die das traditionelle Mutterbild verkörpern.
Welche Mütter dürfen weiterhin gratis versichert sein? Bis zum 3.
Lebensjahr ihrer Kinder? Oder doch noch bis zum 16., 18. oder 25.
Lebensjahr ? Kriegen sie diese Sozialleistung auch dann noch, wenn die
Kinder das "Hotel Mama" schon längst verlassen haben? Ist es tatsächlich
zumutbar, einer 52-jährigen Mutter von vier Kindern über Nacht diese
Gratisleistung zu streichen? Was passiert mit geschiedenen Müttern? Was
mit Adoptiveltern?
Die schwarz-blaue Regierung hat sich also eine ziemlich peinliche
Diskussion hineinmanövriert und sich prompt ein unnötiges Eigentor geschossen: Wenn sie die traditionellen Hausfrauen und Mütter nicht vor den Kopf stoßen und selber nicht völlig unglaubwürdig dastehen will, müssen die schwarz-blauen Regenten die Gratisversicherung für a l l e Mütter aufrecht erhalten.(Denn alle Mütter sind ihr ja angeblich gleichviel wert.)
Dann ginge es nur mehr darum, diese Sozialleistung jenen wenigen Frauen
wegzunehmen, die nie Kinder hatten und trotzdem zu Hause geblieben sind.
Das sind lediglich 50.000 Menschen und wäre für die maroden
Krankenkassen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Nur 40 bis 170
Millionen Schilling im Jahr kämen so herein, aber die
Krankenkassen bauen ein Minus von 5.700 Millionen!!!
Für so einen mickrigen Wurf setzt die Koalition ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel!!