Salzburg/Wien/Innsbruck - Gestritten wird minutiös genau: Die Zeit für die Redner von Regierung und Opposition ist exakt festgelegt. Emotionale Rhetorik-Exzesse prallen an einem starren Rahmen ab.

"Ein geübter Redner kann mit dem Zuhörer spielen", betont jedoch Martin Walters (27), Mitglied des Debattierklubs "Redesalz" der Uni Salzburg. "Durch die Routine lernt man das Aufbauen einer Rede im Kopf", erklärt der Student der Angewandten Informatik.

Nur vier Debattierklubs sind in Österreich aktiv: überraschend wenig im Vergleich mit Ländern wie Deutschland, Rumänien, den Niederlanden oder Großbritannien.

"Vielleicht sind wir zu harmoniebedürftig?", zeigt sich Jus-Student Matthias Moser (26) vom Debattierklub Wien humorvoll ratlos.

Er weist auf den geringen Bekanntheitsgrad solcher Vereine hin. Ebenso Walters, der auch die Scheu von Studenten, vor einem Publikum zu reden, als eine der Ursachen ausmacht. "Die Leute an der Uni können sich durch ihre Präsentationen mogeln, indem sie einfach alles ablesen - weil es nicht anders verlangt wird", kritisiert er.

Den größten Zulauf an Studenten verzeichnet der älteste Debattierklub Österreichs, der des Akademischen Forums für Außenpolitik (AFA). Sechs Studenten debattieren seit Oktober 2004 wöchentlich vor rund 20 Gästen. "Wir waren vor den anderen schon etabliert und haben so ein wenig das Monopol", erklärt Thomas Tödtling (22), Student der Publizistik und Politikwissenschaften. Vor allem angehende Juristen, aber auch Studenten der Politikwissenschaften und Philosophie würden sich beteiligen.

Ähnlich fügen sich auch die anderen Debattierklubs zusammen. Studenten der Publizistik, der Medizin oder von Wirtschaftsfächern sind jedoch ebenfalls vertreten.

Die Diskutanten werden in Regierung und Opposition getrennt, das Publikum oder eine Jury entscheidet über den Gewinner. "Jeder kann teilnehmen, auch wenn er noch nie vor einer größeren Gruppe gesprochen hat", betont Tödtling. "Es ist meistens schon eine erfahrene Person dabei, die jemanden, der das noch nie gemacht hat, an der Hand nimmt." Bei der Debatte steht die Rhetorik im Vordergrund.

Advocatus Diaboli

"Es ist das erste Ziel, das Reden richtig zu erlernen - an zweiter Stelle steht das Inhaltliche", sagt Volkswirtschaftsstudent Dominik Erharter (22), der zweimal wöchentlich (auf Englisch und Deutsch) beim Innsbrucker Debattierklub aktiv ist. Es gehe nicht wie in der Philosophie darum, die beste Lösung für ein Problem zu finden, sondern Standpunkte auszuarbeiten und zu vertreten. "Bei uns muss man durchaus in der Lage sein, den Advocatus Diaboli zu spielen", sagt Erharter. Dies sei vermutlich auch der Grund, weshalb sich kein ÖH-Vertreter "länger gehalten" habe.

Ähnlich auch im Debattierklub Wien. "Unsere Teilnehmer sind alle sehr politisch interessiert, aber nicht politisch aktiv", meint Moser. "Wir wollen alles aus einer nüchternen Ebene betrachten und nicht auf die Straße gehen." Die Themen sind gesellschaftspolitisch, aber reichen auch ins Absurde: Soll Donald Duck Hosen tragen? Soll es einen Feiertag für Schuhverkäufer geben? Wie soll die Beziehung zu China aussehen? Auch Emotionen spielen mit, nicht immer verläuft alles sachlich geregelt, so Moser: "Es fehlt sonst die Würze." (Louise Beltzung/DER STANDARD-Printausgabe, 6. März 2007)