Umweltminister Josef Pröll will die Zahl der Fernflüge reduziert sehen.

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Die Österreicher sollen der Umwelt zuliebe auf Fernreisen mit dem Flugzeug verzichten - mit diesem Appell heizte Umweltminister Josef Pröll (ÖVP) am Montag auch in Österreich eine Diskussion an, die in Deutschland bereits seit Tagen läuft (siehe "Nachlese" ).

Pröll fordert die Einführung einer EU-weiten Kerosinsteuer und spricht sich weiters dafür aus, dass der Flugverkehr in den Emissionshandel mit einbezogen wird. In Brüssel werde das bereits diskutiert, "und wir unterstützen das", wird Pröll in der Tageszeitung "Österreich" zitiert. Fernflüge würden damit empfindlich teurer und weniger attraktiv.

"Ich will wachrütteln mit dieser Ansage", so der Umweltminister im Ö1-Morgenjournal. Jeder Einzelne trage mit seinem Reise- und Konsumverhalten zum Klima der Zukunft bei.

Hintergrund für die Überlegungen ist die enorme Abgas-Produktion von Flugzeugen. Der gesamte Flugverkehr verursacht jährlich 30 Milliarden Tonnen an CO2, 92 Millionen davon gehen auf das Konto Österreichs. Ein Hin- und Rückflug nach Gran Canaria verursacht etwa knapp zwei Tonnen CO2 - pro Passagier.

VCÖ für rasche Steuer-Einführung

Unterstützung erhält Pröll vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). "Die Fluglinien können deshalb so billige Tickets anbieten, weil sie auf Flugbenzin keine Mineralölsteuer zahlen. Während sogar Pensionistinnen für ihr Heizöl 9,8 Cent pro Liter Mineralölsteuer berappen, genießen Fluglinien seit dem Jahr 1944 eine Steuerbefreiung auf Flugbenzin", kritisiert VCÖ-Experte Blum.

Der VCÖ weist darauf hin, dass sich die Zahl der Flugpassagiere in Österreich seit dem Jahr 1990 verdreifacht hat - auf 21,75 Millionen im Vorjahr. Die Zahl der Flüge auf Österreichs Flughäfen ist von 125.000 im Jahr 1990 auf 316.500 im Vorjahr gestiegen.

"Die negative Klimawirkung der Emissionen des Flugverkehrs ist um das 2,7-fache höher als am Boden, da sie in großer Höhe ausgestoßen werden", betont Blum in einer Aussendung. Im Vorjahr hat der Flugverkehr in Österreich 2,14 Millionen Tonnen CO2 verursacht, diese wirken sich so negativ aus wie rund 5,7 Millionen Tonnen CO2 des Straßenverkehrs.

"Schnapsidee"

Von der Opposition kam am Montag sehr heftige Kritik an Prölls Vorstoß. Die Grünen werfen dem Umweltminister "schwere Versäumnisse" und ein "Versagen beim Klimaschutz" vor. Nach Jahren der Untätigkeit nun die Österreicher aufzufordern, auf Fernreisen mit dem Flugzeug zu verzichten, sei "Populismus", so die Grüne Umweltsprecherin Ruperta Lichtenecker gegenüber der APA. Die Regierung sollte sich lieber ihre CO2-Bilanz ansehen, und die sei zu Zeiten der schwarz-blau-orangen Koalition "katastrophal" gewesen. Lichtenecker forderte Pröll auf, bei seinem eigenen Reiseverhalten anzusetzen, sonst sei dies "eine Pflanzerei" der Bevölkerung.

Die FPÖ sieht in der Aktion einen "billigen PR-Gag". "Angesichts der katastrophalen Leistungsbilanz des Umweltministers, der Österreich innerhalb der EU beim Zuwachs der Treibhausgasemissionen zum Klimasünder Nummer Eins gemacht hat, ist diese Aufforderung schlichtweg ein Zeichen von Ignoranz. Pröll ist kein Paulus, er ist der Saulus der heimischen Umweltpolitik", sagte Parteichef Heinz-Christian Strache in einer Aussendung.

Auch das BZÖ nannte Prölls Vorstoß eine "Schnapsidee, fern jeder Realität". "Urlaub in Österreich ist immer zu begrüßen, aber Zwang kann ja keine Lösung sein", so Generalsekretär Gerald Grosz.

Tourismusbranche befremdet

Die österreichische Tourismusbranche hat am Montag ebenfalls mit Unverständnis und Befremden auf Prölls Appell reagiert. "Wer Flugreisen in Frage stellt, stellt Österreich als international erfolgreiches Reiseziel in Frage und gefährdet die heimische Tourismusindustrie", kritisierte die Präsidentin des Österreichischen Reisebüroverbands (ÖRV), Annemarie Richard.

Pröll schade mit seiner "nicht fachkundigen" Aussage nicht nur der internationalen Reiseindustrie, sondern auch der österreichischen Tourismusindustrie, die auch von internationalen Gästen - vom so genannten Incoming-Tourismus - lebe: "Tourismus ist keine Einbahnstraße", so Richard. Es gehe auch nicht nur um den Urlaubstourismus, sondern auch um Geschäftsreisen und damit um die gesamte Luftfahrtindustrie. Außerdem sei der Anteil von österreichischen Charterflügen am weltweiten CO2-Ausstoß verschwindend gering: "Wie hoch ist der Ausstoß, wenn erst die Chinesen anfangen zu fliegen?", gibt Richard zu bedenken.

Der österreichische Tourismus sei für die heimische Wirtschaft überaus bedeutend und trage mit 12 Prozent zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, die Ausgaben von in- und ausländischen Urlaubern in Österreich hätten sich 2005 auf 29 Mrd. Euro belaufen, rechnete Richard vor. Bei den Ankünften liege Österreich weltweit auf dem 9. Platz, noch vor Griechenland und der Türkei.

Appell geht ins Leere

Auch Verkehrsbüro-Sprecherin Christa Lausenhammer sagt am Montag, der Appell von Pröll gehe ins Leere, da 90 Prozent aller Urlaubsreisen der Österreicher innerhalb Europas und davon der Großteil mit dem Auto - etwa nach Italien oder Kroatien - unternommen werden. Die Einführung einer Kerosinsteuer wäre eine "rein kosmetische Maßnahme", da nur 0,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes auf die europäische Luftfahrt entfielen. Außerdem würden die bestehende Steuer auf Treibstoffe und die steigenden Kosten fürs Autofahren zeigen, dass Urlauber dennoch nicht auf das Auto verzichten. Eine Kerosin-Steuer müsste, wenn überhaupt, weltweit - und nicht nur in Europa - eingeführt werden.

Mit einer einzelnen Steuer würden die Klimaschutz-Probleme nicht gelöst, das zeige auch das Beispiel Auto, meinte auch AUA-Sprecher Johann Jurceka zur APA. Viel mehr Potenzial für den Klimaschutz biete die geplante einheitliche Luftraumkontrolle ("Single European Sky"). Damit lasse sich der C02-Ausstoß reduzieren, weil damit unnötige europaweite Warteschleifen von Flugzeugen, die vor einer Landung über Flughäfen kreisen, verhindert würden. Die Aufforderung Prölls, auf Fernreisen zu verzichten, treffe den österreichischen Incoming-Tourismus massiv. Allein die AUA bringe jährlich 3 Millionen internationale Gäste nach Österreich, die 7 Millionen Nächtigungen generieren.

Natürlich müsse sich auch die Tourismusindustrie der Klimadebatte stellen, aber "Alleingänge und Schnellschüsse machen keinen Sinn", betonte der Sprecher der TUI Austria Holding, der Österreich-Tochter des größten europäischen Reiseveranstalters, Josef Peterleithner. Der europäische Luftverkehr verursache nur rund 0,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen, während auf Straßenverkehr und private Haushalte jeweils 13 Prozent entfallen.

"Populistisch"

"Weniger Fernreisen von österreichischen Urlaubern zu fordern, ist populistisch und hat mit der Realität nichts zu tun", kritisierte Peterleithner. Von den 7,68 Millionen Österreichern, die im Vorjahr ins Ausland gereist sind, habe nur ein geringer Anteil eine Fernreise unternommen. Österreich, Italien, Deutschland, Kroatien, Spanien, Griechenland und die Türkei seien weiterhin die wichtigsten Reiseländer der Österreicher. Der Incoming-Tourismus sei für Österreich außerdem eine wichtige Einnahmequelle, so Peterleithner, der nicht davon ausgeht, dass die Klimadebatte den Österreichern die Lust auf Urlaub nimmt.

Die Einführung einer Kerosinsteuer als Insellösung nur in Europa mache in einer globalisierten Welt keinen Sinn und schaffe lediglich Wettbewerbsnachteile. Die TUI sei bereit, auch den entsprechenden Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, Voraussetzung seien aber gleiche Rahmenbedingungen für alle. (APA/red)