Bild nicht mehr verfügbar.

Karl-Heinz Grasser kommentierte die jüngste um ihn entstandene Aufregung am Samstag gegenüber der APA mit "I could not care less".

Foto: APA/Schlager
Die Juristen des SPÖ-Parlamentsklubs mussten am Sonntag eine Sonderschicht einlegen: Bis heute, Montag, soll die Sachverhaltsdarstellung gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser fertig geschrieben sein, im Laufe des Tages wird sie an die Wiener Staatsanwaltschaft übermittelt werden.

Geht es nach dem Wunsch des SPÖ-Fraktionsführers im Banken-Untersuchungsausschuss, Kai Jan Krainer, wird sich Grasser demnächst wegen eines "klaren Falls von Amtsmissbrauch" verantworten müssen. Wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner aktuellen Ausgabe enthüllte, hat das Büro Grassers im Auftrag des Ministers im Mai 2006 einen Fragebogen an die Nationalbank (OeNB) sowie an die Finanzmarktaufsicht (FMA) verschickt.

"Verbindungen" gesucht

Sinn der Übung: Der Minister wollte sich auf seinen Auftritt im Rechnungshof-Unterausschuss vorbereiten und suchte nach entsprechendem Argumentationsmaterial. Deshalb formulierte das zuständige Kabinettsmitglied, Hans-Georg Kramer, auch entsprechende "Zielvorgaben". Etwa jene, Fakten zu übermitteln, um "Verbindungen zwischen Bawag, SPÖ und ÖGB schaffen zu können".

FMA-Sprecher Klaus Grubelnik bestätigt, dass es diesen Fragenkatalog gibt. Recherchen des STANDARD haben aber ergeben, dass bei den drei Zielvorgaben (siehe Faksimile) angegeben ist, welche Institution welchen Themenkreis zu bearbeiten hat. Laut Grubelnik "hat die FMA nur die Fragen 1A, 1B und 1C beantwortet".

Keine Spähangriffe

Warum das geschehen ist, erklärt er im Gespräch mit dem STANDARD damit, dass "die FMA zu diesem Vorgehen verpflichtet gewesen" sei. Der Nationalrat im Rechnungshof-U-Ausschuss habe den Finanzminister um Auskünfte in der Causa Bawag gebeten. Zu diesem Zeitpunkt seien aber die Bawag-Akten und der Großteil der Mitarbeiter der Bankenaufsicht bereits an die FMA übergegangen. Das Ministerium hatte daher keine Unterlagen, "daher hat die FMA die entsprechenden Akten ans Ministerium übermittelt".

Zudem habe die FMA am 27. März 2006 den Auftrag des Finanzministeriums bekommen, in der Causa Bawag zu ermitteln. Aus diesem Auftrag ergebe sich, dass die FMA (die grundsätzlich weisungsfrei ist und nicht ans Ministerium berichten muss) zu Berichten ans Ministerium verpflichtet war. Die naheliegende Frage, ob Grassers Fragenliste mit den bevorstehenden Wahlen zu tun gehabt hat, beantwortet die FMA nicht, "es steht der FMA nicht an, politische Bewertungen abzugeben".

"Einmaleins der Politik"

Für Grasser – der die Aufregung auf Englisch mit "I could not care less" kommentierte – ist das Teil des "selbstverständlichen Einmaleins der Politik". Für die SPÖ ist das ein Beweis dafür, dass die ÖVP im Wahlkampf "von langer Hand geplant hat, uns mit der Bawag-Causa in Schwierigkeiten zu bringen", sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina zum STANDARD.

Kalinas Meinung nach ist es auch kein Zufall, dass ausgerechnet die so von Grasser instruierte Finanzmarktaufsicht in der letzten Augustwoche mehrere Zugriffen auf die Großkreditevidenz bei der Nationalbank durchführte. "Hier wurde nachgeforscht, welche Kredite die SPÖ bei der Bawag hat. Kurz darauf wurden diese Informationen den Medien zugespielt. Dadurch wurde das Bankgeheimnis der SPÖ verletzt", behauptet Kalina. Die FMA dementiert: "Das war kein Spähangriff."

Grassers Adlatus Kramer, der übrigens mit der Schwester von Grassers Ex-Verlobten Beate Sumper verheiratet ist, arbeitet heute für VP-Finanzminister Wilhelm Molterer. 16 Tage lang war er auch Staatskommissär bei der Bawag, nominiert von Grasser, bevor er von Molterer im Februar 2007 abberufen wurde. Er nimmt zur Causa nicht Stellung.

Kein Munitionsbedarf

Rückendeckung bekommt Grasser jedenfalls von der ÖVP. Grasser habe nur sein "Recht auf Selbstverteidigung" wahrgenommen, sein Mitarbeiter die dafür notwendigen Informationen beschafft.

Auch ÖVP-Sportstaatssekretär Reinhold Lopatka, ehemals schwarzer Generalsekretär und verantwortlich für den Nationalratswahlkampf, sieht in Grassers Verhalten "nichts Außergewöhnliches". Er habe nie Informationen, etwa über die Kontenöffnung, von Grasser bekommen. Er wäre auf Bawag-Wahlkampfmunition aus der Hand des Finanzministers ohnehin nicht angewiesen gewesen. "Mir hat gereicht, was wir damals gewusst haben", meint er im STANDARD-Gespräch.

In der Staatsanwaltschaft erwartet man jedenfalls die Sachverhaltsdarstellung schon. Staatsanwalt Gerhard Jarosch zum STANDARD: "Wir werden den Inhalt genau prüfen." (Renate Graber, Barbara Tóth, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.3.2007)