Wien - Österreichs Industrie setzt ihre Hoffnungen beim EU-Gipfel kommenden Donnerstag und Freitag in Berlin auf Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Er soll versuchen, bei der Debatte über die Kioto-Nachfolgeregelungen zur CO2-Verminderung für Österreich eine gute Verhandlungsposition herauszuholen. Übergeordnetes Ziel müsse ein neues CO2-Regime sein, das weltweit nach Sparten differenziert alle Emittenten gleichermaßen in die Pflicht nimmt.

"Der Fehler, den Österreich 1997 in Kioto gemacht hat, darf nicht wiederholt werden", sagte der Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, in einer Pressekonferenz am Freitag. Ein Fehler sei damals gewesen, dass sich Österreich auf eine Reduktion der CO2-Emissionen um 13 Prozent verpflichtet habe. Trotz gewaltiger Anstrengungen der hauptbetroffenen Industrie liege Österreich bei den Emissionen derzeit um 31 Prozent über dem Zielwert, der als Basis das Jahr 1990 hat. Unter der neuen Zielvorgabe der EU, die bis 2020 in Summe ein Reduktionsziel von 20 Prozent zum Basisjahr 1990 vorsieht, würde das "Umwelt-Vorzeigeland" Österreich noch weiter in Rückstand geraten. "Wir müssten dann die Emissionen in Summe um 43 Prozent senken, das ist illusionär", sagte Sorger.

"Entweder zusperren oder woanders investieren"

"Globale Probleme kann man nur global in den Griff bekommen", argumentierte Wolfgang Eder, Chef von Österreichs größtem CO2-Emittenten unter den Industriebetrieben, der Voest. Der neueste Hochofen in Linz komme mit 447 kg an CO2-hältigem Brennmaterial (Kohle und Koks) je Tonne Roheisen aus. Konkurrenten an anderen Standorten in Europa brauchten rund 550 kg, Hochöfen in Asien noch viel mehr. Eder: "Die effizientesten Chinesen und Inder fangen dort an, wo Europa aufhört."

Ein Stahlproduzent wie die Voest, die Mitte der Achtzigerjahre mit Umweltinvestitionen begonnen und die Emissionen deutlich reduziert habe, stehe vor der Wahl: entweder zusperren oder neue Investitionen anderswo tätigen, wo es weniger restriktive Auflagen gibt, sagte Eder.

Für den Vorsitzenden des umweltpolitischen Ausschusses in der Industriellenvereinigung, Ex-RHI-Chef Helmut Draxler, geht es nun darum, auf internationaler Ebene eine "gerechtere Lösung" zu finden. Das könnte eine kohlenstoffbezogene Steuer sein, die aber alle Emittenten zahlen sollen. (stro, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4.3.2007)