London/Wien – Im Schatzkanzleramt in London sorgte die Anfrage des Standard für einige Verwirrung: Die Erbschaftssteuer im Vereinigten Königreich soll für die Pflegesicherung zweckgewidmet sein? Not at all. „Alle Steuern wandern in einen Topf. Dass eine Steuer für einen bestimmten Zweck eingesetzt wird, ist nicht einmal in Diskussion“, sagte ein Sprecher des britischen Schatzkanzleramtes.

In der Tat gibt es in Großbritannien, wie auch in anderen europäischen Ländern, eine Debatte über die Höhe der Erbschaftssteuer. Nachlass bis zu einem Wert von 285.000 Pfund (etwa 425.000 Euro) sind steuerfrei, darüber werden 40 Prozent Erbschaftssteuer von den Erben eingehoben. Auch wenn ein Pflegebedürftiger, der staatliche Pflegeleistungen in Anspruch genommen hat, verstirbt, hält sich der Staat an den Erben schadlos – wie auch in Österreich. Doch an eine Zweckwidmung der Erbschaftssteuer für Pflegedienste, wie dies Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) im STANDARD-Interview angeregt hatte, ist keineswegs gedacht. Buchinger hatte gemeint, man könnte die Erbschaftssteuer für einen „Pflegefonds“ verwenden, mit mehr als 100 Millionen Euro Dotierung pro Jahr. Aus dem Ressort von Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) gibt es zu diesem neuen Buchinger-Vorschlag vorerst „keinen Kommentar“. Man verweise allerdings auf die Frühjahrs-Session des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), hieß es lapidar.

Die Erbschaftssteuer und der Gleichheitsgrundsatz

Der VfGH wird sich dabei nämlich mit der Frage beschäftigen, ob die Erbschaftssteuer grundsätzlich dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. In diesem Falle würde diese Steuer ohnehin aufgehoben werden müssen.

Koalitionspartner ÖVP zeigte sich von Buchingers Idee alles andere als angetan. Familiensprecherin Ridi Steibl beklagte, der Sozialminister wolle sich lediglich „täglich mit neuen Ausflüchten aus der Finanzierungsfrage flüchten“, ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon sagte zum STANDARD: „Diese Idee hat keine besondere Leuchtkraft. Wir brauchen in der Pflegefrage wirklich keine neue Buchinger-Steuer.“ Buchinger müsse sich schon etwas anderes einfallen lassen, „wie man das finanzieren kann“. Auf längere Sicht müsse ohnehin das Ziel sein, die Erbschaftssteuer abzuschaffen – schon, um die „kleinen Häuslbauer zu entlasten“.

Das wollen auch die Grünen, die jedoch den Vorschlag Buchingers als einzige Parlamentspartei als „Schritt in die richtige Richtung“ sehen. (Sebastian Borger und Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe 1.3.2007)