Die Debatte ums Einkaufen am Sonntag ist neu entfacht. Gegner und Befürworter formieren sich.

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Wien – Der über Weihnachten entfachte Streit rund ums Einkaufen am Sonntag entzündet sich neu. Peter Peer, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, versucht der Forderung nach durchgehend geöffneten Geschäften mit einer neuen Gallup-Umfrage Nachdruck zu verleihen. Demnach würden sechs von zehn Wien-Touristen sonntags gern shoppen, acht Prozent würden dafür auch den Urlaub um einen Tag verlängern. Dem Wiener Handel entgingen damit jährlich 10,8 Mio. Euro, sagt Peer.

Er pocht auf bundesweit zumindest acht offene Sonntage im Jahr und die Einrichtung einer Tourismuszone in Wien. Sonntagseinkauf gehöre auch an verkehrstechnisch und touristisch relevanten Standorten ermöglicht. Peers Mitstreiter sind Wiener Modehändler, die an den jüngsten drei Adventsonntagen aufsperrten – was beiden Klagen und Strafen von jeweils 15.000 Euro brachte.

Reaktionen folgten prompt und harsch. "Der Sonntag ist für uns kein Thema", sagt Fritz Aichinger, Wiener Handelsobmann, dem STANDARD. "Für die 12.000 zusätzlichen Touristen würde man nicht einmal in Hintertupfingen offen halten."

Klare Absage

Auch Brigitte Jank, Wiener Wirtschaftskammer-Präsidentin, erteilt Peer eine klare Absage. Eine Studie der KMU-Forschung zeige, dass 88 Prozent der Wiener und 65 Prozent der Touristen mit der bestehenden Ladenöffnung zufrieden seien, heißt es aus ihrem Büro. Allein sieben Prozent der befragten internationalen Gäste führten Einkaufen als Hauptmotiv an, um Wien zu besuchen. Eine Ausnahme bilden für Jank Sonntage während der Fußball-EM. Ansonsten sehe sie keinen Bedarf für ein Offenhalten an sieben Tagen die Woche. Und für die Gewerkschaft bleibt der Sonntag ohnehin kompromisslos tabu.

Für Peer ist das nicht nachvollziehbar. In Städten von Paris bis Prag könne täglich eingekauft werden. Arbeiten am Sonntag sei auch in Österreich Alltag. "Es gibt sogar für Wallfahrtsorte Sonderregelungen. Das ist doch paradox genug." Händler Ernst Fischer, einer der Wiener "Rebellen", will es zumindest probieren dürfen. "Wird es nicht angenommen, bin ich der Erste, der wieder zusperrt." Wie er hat auch Kollege Thomas Singer keine Angst vor zu hohen Personalkosten. "Wir könnten sicher mit Sonntagszuschlägen von 100 Prozent leben", sagt Singer vor Journalisten im siebten Stock des Wiener Haas-Hauses.

"Sonntag ist zu teuer"

Im selben Haus zu ebener Erde sehen Mitarbeiter des Juweliers Almaz das anders: Ein offener Sonntag sei zu teuer und bringe auch nicht mehr Kunden. Auch Daniela Matyk, Eigentümerin einer Geschenkboutique am Stephansplatz, sieht keinen Mehrumsatz. Es werde schon Samstagnachmittag ruhig. "Der Umsatz würde sich nur verschieben", bestätigt Frau Hedwig vom Schuhgeschäft vis-à-vis. Derselbe Tenor in zwei Tischkultur-Filialen. Allein in einem Schokolade-Shop, der sonntags offen ist, gibt man sich zufrieden. Würden aber alle aufsperren, sehe die Sache anders aus. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.2.2007)