Bei der künstlichen Zufuhr von Hormonen sollte die Behandlung altersgerecht sein

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Saalfelden - Hormone werden von manchen Medizinern als "Jungbrunnen" verkauft, ebenso werden hinter Gesundheitsproblemen oft Fehlregulationen im Hormonhaushalt vermutet. Doch die Sache ist komplex. Viele Details sind unbekannt beziehungsweise Ansichten mancher Mediziner wissenschaftlich nicht belegt. "Für Hormonbestimmungen wird all zu häufig sinnlos Blut abgenommen. Völlig sinnlos werden 'die Hormone' bestimmt", warnte bei der 40. Wissenschaftlichen Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Saalfelden (bis 2. März) in Salzburg der Wiener Experte Anton Luger.

 

Hauptthema Endokrinologie

Die Endokrinologie ist in diesem Jahr das Generalthema der Tagung, an mehr als 400 Apotheker teilnehmen. Mit gutem Grund - denn die Steuerung des menschlichen Hormonhaushaltes ist hoch komplex, Hormone in der Therapie können leicht einen janusköpfigen Effekt haben - einmal einen positiven, das andere Mal schwere Nebenwirkungen hervorrufen.

Der Fachmann: "Hormone werden im Körper oft pulsatil (in sich wiederholenden 'Blitzen', Anm.) abgegeben. Es gibt eine Tagesrhythmik. So zum Beispiel gibt es beim Cortisol einen 'Spike' (Spitze, Anm.) am Morgen." Alter, Geschlecht, Stress, Ernährungszustand, zusätzlich bestehende Krankheiten und Medikamente beeinflussen den Hormonstatus des Menschen.

Altersgerechte Behandlung

Das ist auch bei jeder künstlichen Zufuhr von Hormonen zu beachten. Ein Beispiel wäre die oft propagierte Testosteron-Substitution bei alternden Männern. Luger: "Jede Hormonbehandlung soll hier nicht das wiederherstellen, was für den 20-Jährigen typisch ist, sondern das, was für den Gesunden aus der entsprechenden Altersgruppe typisch ist."

Testosteron

Beim Testosteron ist die Sache überhaupt diffizil. Der Experte: "Das Testosteron nimmt mit der sechsten Lebensdekade um ein Prozent pro Jahr ab. Aber 70 Prozent der 80-Jährigen haben die Testosteronwerte von 20-jährigen Männern." Die Crux liegt also im Detail, einfache Lösungen gibt es nicht.

Vermeintlicher Jungbrunnen

Das gilt erst recht für manche propagierten Hormonsubstanzen als angeblich jung erhaltende Mittel. Ein Beispiel war in den vergangenen Jahren DHEA. Luger: "Dass die Substitution von DHEA nichts bringt, ist gut dokumentiert. Es steigert weder die Muskelkraft noch führt es zu einer sonstigen Leistungssteigerung. Auch für das Wachstumshormon gibt es hier keine Studien."

Manche Experten behaupten auch, dass das Weglassen des Abendessens (Dinner Cancelling) über die "Hormon-Schiene" einen jung erhaltenden Effekt haben könnte. Der Fachmann: "Gegen Dinner Cancelling spricht aus verschiedenen Gründen nichts." Damit meinte Luger aber vor allem dessen möglichen Einfluss solcher Zurückhaltung auf ein allfälliges Übergewicht. (APA)