Der ÖSV erweckte seit Mitte der 90er-Jahre den Eindruck, er habe Dr. Frankensteins Experiment fertig gestellt und könne Siegermonster herstellen, wie es ihm beliebe. Doch irgendwas ist faul an dem Rezept, und seit heuer merkt es jeder. Die ÖSV-Trainer und allen voran Frankenstein Hans Pum und Frankenstein junior, Herren-Cheftrainer Toni Giger, wussten immer, dass es vergleichsweise einfach war, die charismatische, unschlagbare Mannschaft der späten 90er aufzustellen, neue Sieger zu bauen und den Siegeslauf ad infinitum weiterzuführen, aber fast unmöglich.

Der ÖSV funkt zwar SOS, "Seid ohne Sorge", doch der Traum der immer währenden Perfektion ist ausgeträumt. Man darf getrost unterstellen, dass die Trainer unter der professionellen Enttäuschung, nicht mehr die Hälfte aller möglichen Weltcup-Siege abzuholen, auch erleichtert sind.

Skisieger lassen sich ebenso wenig planen wie Brieskicker. Die Kausalkette, gute Nachwuchspflege und viel Geld erzeuge zwangsläufig Sieger, ist ein Mythos. Es gehört mehr dazu. Man mag es Zufall nennen, oder eine "große Generation". Seit einiger Zeit nehmen andere Nationen den Skisport vielleicht wieder ernster, andererseits fehlen dem ÖSV (noch?) junge Kräfte von Raichs, Eberharters oder des früheren Maiers Niveau.

Nachwuchsprogramme im Skilauf oder Fußball dienen als Gesellschaftsexperimente, in denen von der kollektiven Knabenerziehung Spartas über die DDR-Sportmaschine zur höheren Ehre des Sozialismus bis zum biedermeierlich-autoritären Kleinstaat Österreich verschiedenste Systeme ausgelobt werden. Zum Glück gehen sie am Ende immer schief. Der Kollateralschaden ewiger Siege wäre zu groß. (Johann Skocek, DER STANDARD Printausgabe 26.02.2007)